Diese Geschichte setzt in ihrer Erzählung auf Mythen, Message-Control, Medien als Hobby und den wahr gewordenen österreichischen Traum: Die Rede ist vom Aufstieg von Dietrich Markwart Eberhart Mateschitz aus St. Marein im Mürztal zum Selfmade-Milliardär mit eigenem Dosen-Imperium. „Red Bull: Ungesüßte Geschichten“ heißt das neue Heft der Rechercheplattform Dossier. Basierend darauf hat Kreation Kollektiv für das Wiener Volkstheater einen trashigen, bissigen Abend gestaltet. Eines vorweg: „Die Recherche Show“ ersetzt die Lektüre des fantastisch recherchierten Magazins nicht. Sie funktioniert eher wie ein Teaser: Das Polit-Entertainment erprobte Theater im Bahnhof unter der Regie von Ed. Hauswirth sendet – coronabedingt – live im Netz. Serviert werden Soletti, Flügerl (das Mix-Getränk), Abstimmungen, Mareiner Stierhoden, viele Gags – und die Fakten dazu. Auch solche, die Mateschitz sonst nicht publik macht oder in den wenigen Interviews anders darstellt – wie etwa eine Markenregistrierung auf den Cayman Islands.
In kurzen Video-Reportagen wird die Heimatgemeinde St. Marein besucht, wo Dietrich Mateschitz bereits einmal eine Ehrenbürgerschaft ablehnte, oder die verlassenen Räumlichkeiten des ambitionierten und überraschend eingestellten Medien-Projekts "Addendum" in Wien-Neubau erforscht. Wo beispielsweise ein Mitarbeiter am ersten Tag gleichzeitig seinen letzten Arbeitstag hatte. Die "Seele" und "Stimme" von Mateschitz, ServusTV-Intendant Ferdinand Wegscheider, tritt in der Show als Kasperlfigur ebenso auf. "Dietrich Mateschitz schweigt. Wegscheider schweigt nicht", heißt es an einer Stelle.
Ernster wird es in Passagen, in denen an die Todesfälle gedacht wird, die im Zusammenhang mit der Marke Red Bull stehen. Mitsamt pikanter Details wie jenem, das Mateschitz eigentlich in Deutschland durchstarten wollte, dort das Getränk aber aus gesundheitlichen Gründen nicht genehmigt wurde. Oder in Momenten, wo Rupert Lehofer eine neue Idee hat - die Favela Survival Challenge - bis erläutert wird, dass diese Veranstaltung tatsächlich schon existiert.
Moderatorin Pia Hierzegger führt elegant launig und improvisationssicher (kurze Technikpannen) mit Lohner-Frisur durch den Abend. Martina Zinner widmet den Markennamen u.a. einen Song, Julia Franz Richter ist moralisch stabil, während Rupert Lehofer mit Toupet als „Dude“ gern am Erfolg des Imperiums mitnaschen möchte. Und Journalist Georg Eckelsberger, zugeschalten aus seinem Wohnzimmer, erklärte stetig die Zusammenhänge und Hintergründe der Recherche. Gerne mehr Theater-TV-Talk wie dieses. Gerade dieses Thema wäre ja mehr als reif für eine Serie.
Lesen Sie dieses Heft! Und checken Sie davor oder danach oder währenddessen im Volkstheater Wien ein.