Geplant war es anders. Kay Voges, Neo-Direktor am Wiener Volkstheater, hätte das Publikum längstens im generalsanierten und strahlend weißen Haus begrüßen und sich als neuer Chef und als Regisseur vorstellen sollen. Nun findet die erste Premiere unter ihm online statt, übertragen aus der neuen „Dunkelkammer“. Während drinnen die letzten Arbeiten und Pinselstriche erledigt werden, glänzt auf der Bühne der Show schon silbernes Lametta. Die Uraufführung der „Recherche-Show“ heute basiert auf einer Recherche des investigativen Journalismusprojektes „Dossier“, das auch sein neues Heft dazu veröffentlicht. Thema: „Red Bull – Ungesüßte Geschichten“.
Dabei wird das Dosen-Imperium von Dietrich Mateschitz unter die Lupe genommen – mitsamt Events, Milliardenlobby, Medienprojekten und vielem mehr. In den letzten Tagen wurden Hintergrund-Storys angeteasert – wie etwa das Scharmützel über einen Besuch eines Journalisten auf dem Firmengelände eines Getränkeabfüllers. Von Ferdinand Wegscheider, Chef von Servus TV, in einem Kommentar als „illegales Eindringen“ bezeichnet, erwidert die Rechercheplattform, man habe sich mit Vertretern einer Bürgerinitiative getroffen. Fortsetzung folgt. Bestimmt.
Regisseur Ed. Hauswirth, künstlerischer Leiter des Grazer Theaters im Bahnhof: „Unsere Aufgabe war es, eine theatrale Transformation für die Inhalte zu finden, um daraus ein humorvolles, zeitgemäßes Volkstheater zu machen, das auf Recherche fußt.“ Seit Mitte Jänner herrscht Gewissheit, dass die Show mit Pia Hierzegger, Rupert Lehofer, Julia Franz Richter, Martina Zinner und Thomas Pfeffer nicht als Tour durch die Bezirke stattfinden werde. „Seitdem migrieren wir diese Inhalte für eine Aufführung im Internet und versuchen, mit dem Medium umzugehen“, sagt Hauswirth.
Drei Figuren treten als Experten für Medien, Steuern und Recht auf. Jedes Mal wird live übertragen, inklusive Webinar und Live-Gesprächen. „Es ist ein Abend in Beziehung zum Magazin.“ Nachsatz: „Wir waren für die spekulativen Storys zuständig.“ Hauswirth betont, er habe vieles über die Praxis im Medienbetrieb im Allgemeinen, bei „Dossier“ im Speziellen und natürlich viele Hintergründe zu „Addendum“ oder Servus TV erfahren. Am Anfang übrigens via Kuverts, die ausgedruckt von Wien nach Graz transferiert wurden. Aber das ist eine andere Geschichte.