Eine "Zerreißprobe im Stillen“ nennt Bernhard Rinner, Geschäftsführer der Bühnen Graz GmbH, die Corona-Schließungen von Oper, Schauspielhaus, Next Liberty & Co.
Kann man mit Fug und Recht so sagen: Die covidbedingten Lockdowns seit März 2020 hatten immense Auswirkungen auf alle Häuser der steirischen Landesbühnen, zu denen nebst Oper, Schauspielhaus und Next Liberty auch die Grazer Spielstätten mit dem Orpheum, dem Dom im Berg und den Kasematten gehören. Das ganze Drama zeigt sich in der nun veröffentlichten Saisonbilanz 2019/20: Bei den Zuschauerzahlen hat die Corona-Pandemie dem Unternehmen im Vergleich zur Spielzeit 2018/19 ein massives Minus von knapp 37 Prozent beschert.
Finanziell betrugen die Einbußen sogar 40 Prozent: Der Gesamterlös der letzten Saison belief sich auf rund 6,9 Millionen Euro. Im Jahr davor waren es noch 11,5 Millionen gewesen – satte 4,6 Millionen mehr. Und während in der Saison 2018/19 noch gut 510.000 Gäste die Angebote der Bühnen nutzten, zählte man 2019/20 nur rund 323.000 Besucherinnen und Besucher. Kein Wunder bei insgesamt 553 Vorstellungen weniger. Zum Vergleich: Hatte man im Hochfrequenzmonat Dezember noch 208 Vorstellungen gespielt, waren es im April und Mai jeweils null.
Rinner nimmt den Rückblick entsprechend zum Anlass für einen flammenden Appell: „Wir müssen retten, was noch zu retten ist! Je länger der Lockdown anhält, desto näher kommen wir der kulturellen Hungersnot“, postuliert er in Hinblick auf die hartnäckig kolportierten politischen Pläne, nach denen die Gastronomie nach Ende der Schließphase gegenüber der Kultur bevorzugt werden soll. Die Präventionskonzepte der Veranstalter hätten sich bewährt, argumentiert der Kulturmanager: „Wenn Bars und Restaurants wieder öffnen können, so müssen auch wir wieder vor Publikum spielen dürfen!“
Die Dringlichkeit ist verständlich: Anfang Februar wird die gesamte Kulturbranche (mit Ausnahme der Museen) seit geschlagenen drei Monaten im Lockdown sein. Soll heißen: Schon seit Anfang November ist im Land kein Bühnenvorhang mehr hochgegangen. Und die Bilanz 2020/21 fällt unter diesen Umständen womöglich noch bitterer aus als die soeben präsentierte.
Ob, wie avisiert, der Spielbetrieb ab 1. März tatsächlich wieder aufgenommen wird, will die Regierung wie berichtet erst Mitte nächsten Monats entscheiden. Das ist einerseits im Hinblick auf die immer wieder notwendig werdenden Verschiebungen fertig geprobter Produktionen eine Belastung – schließlich muss entschieden werden, ob Werke wie die „Butterfly“ an der Oper oder „Making A Great Gatsby“ im Schauspielhaus in der laufenden Saison überhaupt noch unterzubringen sind.
Andererseits wird es auch schwieriger, sich die Abonnenten gewogen zu halten, „und die sind aus Perspektive des Unternehmens der Grundstamm, den wir nicht verlieren dürfen“, sagt Rinner. Die aktuelle Bilanz weist den Bühnen knapp 30.000 in Abonnements verkaufte Karten aus, der Anteil der Abos am Gesamtverkauf in Oper, Schauspiel und Next Liberty lag bei immerhin 16 Prozent.
Positives zum Schluss: Der Personalstand von aktuell 612 MitarbeiterInnen konnte im Zuge der Krise gehalten werden – nicht zuletzt mithilfe von Instrumenten wie Kurzarbeit. Und: Der Probenbetrieb läuft ungehindert weiter, man hofft also auf zumindest darauf, 2020/21 noch mit einer Art Rumpf-Saison beenden zu können.
Ute Baumhackl