Not macht bekanntlich erfinderisch. Folglich ist Mathis Huber ab heuer nicht nur Impresario, sondern auch Erfinder. Er war jedenfalls einer der letzten Intendanten hierzulande, die trotz Corona nicht aufgaben, und der erste, der sich mit einem neu konzipierten Sommerfestival ins Abenteuer wagte.

Gewagt, gewonnen, kann man von der künstlerischen Warte her getrost sagen. Die eigene Bilanz zieht die styriarte erst morgen, und da werden die obligaten Erfolgsmeldungen bezüglich Auslastung und Einnahmen zwangsläufig ausbleiben müssen. Aber wie kreativ man sicherheitstechnisch mit den widrigen Umständen umgegangen ist und wie hochkarätig man das von ursprünglich geplanten 35 auf 22 Projekte geschrumpfte Saisonprogramm trotz diverser Fesseln umgestaltet hat, verdient Respekt.

Dass internationale Künstler wegen der Reiseeinschränkungen großteils abgingen (etwa Jordi Savall, der seit 1993 nie fehlte), führte nicht einfach zum „Strecken nach der Decken“. Huber und sein Team bewiesen im Gegenteil vielmehr, auf welch großen Pool von arrivierten heimischen Künstlerinnen und Künstlern sie zugreifen können, die ohnehin schon über Jahre treue Partner sind: von Stephanie Houtzeel bis Lorenz Duftschmid, von Tetiana Miyus bis Markus Schirmer, von Eddie Luis bis Peter Simonischek, um nur einige zu nennen.



Wie wichtig allen Künstlern erste Auftrittsmöglichkeiten nach dem langen Lockdown waren, merkte man übrigens nicht nur an den von vielen wie selbstverständlich gestemmten Tripelkonzerten, mit denen man auf die Einschränkung der Besucherzahl auf 250 antwortete, sondern – wie zum Beispiel nach der sechsten und letzten Runde „Don Giovanni in Nöten“ – auch an so manchen Augen voller Wasser.

Auch wenn man sich mit Fantasie und künstlerischem Anstand aus der unverschuldeten Affäre Corona zog, zeigte die styriarte 2020 doch auch deutlich, was fehlt, wenn ein Festival nicht wirklich Festival sein darf. Die Atmosphäre in der riesigen List-Halle blieb trotz musikalischer Bestleistungen und einem gewohnt warmherzigen Publikum bisweilen etwas kühl. Die verordnete schüttere Besetzung der Reihen drückt die Stimmung automatisch.

Die Knappheit der Konzerte von einer Stunde mag wenig festlich erscheinen, doch sie hat nicht nur Nachteile: Eine Stunde Musik übersteigt das Fassungsvermögen von konzentriert Zuhörenden nicht. Dennoch würden sich viele Besucher wohl eger abendfüllende Programme wünschen.

Letztlich war es eine Not-styriarte, deren Bewältigung man bewundern kann, darf und sollte. Gewöhnen möchte man sich an diese neuen Formate aber lieber nicht. Hoffentlich wird das Virus nicht zum Spielverderber: Die styriarte anno Corona weckte nämlich auch den Wunsch nach einem Festival im Sommer 2021, das in gewohnter Form stattfinden kann.