Shakespeare: immer super, wie super müssen da erst zwei Shakespeare-Stücke an einem Abend sein? Die Antwort: nicht so besonders. Dabei leuchtet die Idee, den gemeinsamen Schauplatz von „Othello“ und „Der Kaufmann von Venedig“ zur Klammer eines Abends zu machen, anfangs eigentlich noch ziemlich ein: Elisabeth Bronfen und Muriel Gerstner verschneiden in ihrer Bearbeitung „This is Venice“, zentrale Motive der beiden Stücke zu einer Reflexion über eine scheinbar liberale Gesellschaft, die Fremde und Frauen erfolgreich ausgrenzt, demütigt, zerreibt. „Ich sag es voller Stolz: Ich bin ein alter, weißer Mann“ stellt eine der Figuren gleich am Anfang klar.

Das Altherren-Netzwerk funktioniert in diesem karnevalesken, reichen Venedig perfekt: Othello kann hier General werden, aber er wird immer „der Schwarze“ bleiben, Shylock ist vielleicht reich, aber vor allem „der Jude“, auf den man herunterschaut. Und dass der eine Anerkennung verlangt, der andere Gerechtigkeit, wird in der Stadt, die eigentlich immer über sie Gericht sitzt, beide teuer zu stehen kommen. Noch übler ergeht es den Frauen, über die man hier verfügt wie über Eigentum: Desdemona, die Ehefrau Othellos, und Jessica, Shylocks Tochter. Die eine wird erwürgt, die andere zur Selbstaufgabe gezwungen. Liebe und Widerständigkeit: this town ain‘t big enough for both of them.

Ja klar, so lässt sich Shakespeare heute erzählen, sogar wenn aus der Klitterung der beiden Originaltexte ein neues Ganzes entsteht, das deutlich kleiner ist als die Summe seiner Teile. Aber dann verrieselt  ein Gutteil der verbleibenden Spannung in der zerdehnten, kühlen Inszenierung von Regisseur Sebastian Nübling. Dabei führt er das Dutzend Schauspieler, das er vor einem meterhohen Talmivorhang (Bühne: Mutiel Gerstner) gern in weitläufigen Tableaux arrangiert, zu teils exzellenten Leistungen: allen voran Norman Hacker, der seinen Jago mit greller Bösartigkeit tränkt, Roland Koch als unnahbarer Othello und Marie-Luise Stockinger, die ihrer kampflustigen Desdemona raue Lieblichkeit verleiht, Itay Tiran als von ständiger Demütigung vergifteter Shylock. Nach gut dreieinhalb Stunden gab es für sie freundlichen Applaus, einige Buhrufe für das Leading Team.

This is Venice. burgtheater Wien. nächste Termine: 25. Februar; 2., 5., 13., 30. März. www.burgtheater.at