Vor 30 Jahren starb Herbert von Karajan, einst absoluter Dominator der Salzburger Festspiele. Aus diesem Anlass führt Riccardo Muti dreimal Giuseppe Verdis Requiem mit den Wiener Philharmonikern und der Chorvereinigung Wiener Staatsopernchor auf.
Die Wahl des Sängerquartetts sagt viel über die Einordnung des Werks. Muti wählt schwere Opernstimmen. Die alte Streitfrage, ob geistliche Musik opernhaft sein dürfe, entscheidet er im Sinn der Komponistengattin: Ein Mann wie Verdi müsse wie Verdi komponieren, hatte sie Kritikern erwidert.
Mit breitem Pinsel, erdig, kraftvoll und ohne weihevolles Brimborium, wie es sein Mentor Karajan geliebt hatte, malt Muti Verdis Visionen von Angst und Tröstung angesichts der Endlichkeit. Das Feinstoffliche des Werks, das Teodor Currentzis kürzlich in Wien zelebriert hatte, interessiert den nüchternen Maestro weniger.
Wunderbar harmoniert der glockenhelle Sopran Krassimira Stoyanovas mit Anita Rachvelishvilis großem, warmem Mezzo. Weniger glücklich die Männerseite: Francesco Melis grober Tenor passte wenig zu Ildar Abdrazakovs kultiviertem Bass.
Thomas Götz