Vor 100 Jahren hat die Bühnenversion von Arthur Schnitzlers "Reigen" zu einem veritablen Theaterskandal und schließlich zum Aufführungsverbot durch den Autor selbst geführt. Von solchen Turbulenzen war bei der Österreichischen Erstaufführung des zeitgenössischen Musiktheaters "Der Reigen" von Bernhard Lang (62) im Rahmen der Bregenzer Festspiele kaum noch etwas zu spüren.
Nach über eineinhalb Stunden stilisiertem Liebeswirren- und Erotik-Kreislauf auf der Werkstattbühne wurde die Produktion vom Premierenpublikum mit freundlichem Beifall und einzelnen Bravo-Rufen bedacht. Die Uraufführung der Schnitzler-Adaption von Lang nach dem Libretto von Michael Sturminger (2012) erfolgte am 25. April 2014 bei den Schwetzinger Festspielen. Wie damals stand auch diesmal der Neue-Oper-Wien-Chef Walter Kobera am Pult des Amadeus Ensembles Wien.
Das reigenhafte Wiederholungs-Schema der sexuellen Begegnungen versucht Lang in seiner Komposition zwischen Avantgarde, Pop, Jazz und Synthesizer mit Endlosschleifen auszudrücken. Die Vokalparts wechseln zwischen Gesang, Falsett und Sprechgesang. Die Inszenierung von Alexandra Liedtke siedelt den "Reigen" in einem imaginären Wien zwischen Gemeindebau, Luxushotel und Autobahnauffahrt an. Falko Herold (Bühne, Kostüme, Video), Florian Schaaf (Bühne) und Norbert Chmel (Licht) tragen wesentlich zur holzschnitthaft-irrealen Wirkung des Stückes und der angedeuteten Sexszenen bei. Von Verdrängung und Schwülstigkeit der Liebeswirren des Fin de Siecle ist in der Bernhard Lang-Version des "Reigens" wenig zu spüren.
In den zehn Episoden des Geschlechterzirkus verkörpern zwei Sängerinnen und drei Sänger jeweils zwei Rollen. Anita Giovanna Rosati schlüpft in die Figur des Hausmädchens Marie und des Schulmädchens Lilly, Barbara Pöltl singt und spielt die Prostituierte Manuela und die junge Frau Emma. Thomas Lichtenecker gibt den jungen Mann Alfred, aber auch die Schauspielerin Pauline. Der Polizist Franz und der Autor Robert wird von Alexander Kaimbacher dargestellt, und Marco Di Sapia spielt die Rollen des Ehemannes Karl und des Privatiers Johannes.
Werner Kaplaner/APA