Der 10. Juni 1918 war der Tag des Untergangs für die „Szent István“, den ganzen Stolz der k. u. k. Kriegsmarine. Nach 900 Tagen des Wartens auf den Kriegseinsatz im Hafen, kurz nach Auslaufen abgeschossen von einem italienischen Torpedoboot, versank das prestigeträchtige Vorzeigeprojekt in der Adria – und „mit ihm eine Epoche“, wie Peter Wagner, Regisseur und Autor des Librettos zur jüngsten Produktion des klagenfurter ensembles resümiert.
Dass die Uraufführung der Kriegsoper nicht auf den Tag genau 100 Jahre nach dem Ereignis stattfindet, liegt an einer Terminkollision: Denn Alexei Kornienko und sein Collegium Musicum Carinthia, knapp davor noch beim Festival „Wörthersee Classics“ im Einsatz, stehen für die musikalische Umsetzung der Oper, die vom amerikanischen Komponisten Erling Wold geschrieben wurde. Gemeinsam mit Peter Wagner schuf der Kalifornier eine Dramaturgie in fünf Akten, die nicht nur die fünf Kriegsjahre symbolisieren, sondern auch für Aufbruchsstimmung, Pannenserie (verspätetes Auslaufen), für Beschuss, Kampf und Untergang stehen.
Der „suggestive Drive der Musik“ (Wagner über Wold) unterstützt dabei eine Dynamik, die ihren Anfang in Worten nahm: „Zuerst ist der Krieg in der Sprache“, mahnt Regisseur Wagner, der für das Libretto „20 Kilo Bücher über den Ersten Weltkrieg“ gelesen hat und so auf den „Krieg der Worte“ aufmerksam wurde, der dem tatsächlichen Kampfgeschehen vorausgegangen ist. Von Robert Musil über Stefan Zweig, Thomas Mann, Maxim Gorki bis zu Futuristen wie Majakowski und Marinetti oder Gabriele D’Annunzio findet sich eine „Sprache der Kriegstreiber“, die in der Produktion „Rattensturm“ jene sprichwörtlichen Ratten sind, die hier das Schiff aber als Letzte verlassen.
Im zum blutrot gefärbten Schiffsbauch großzügig umgebauten Bühnenraum (Manfred Bockelmann) wird der Untergang der Szent István zur Metapher für das Scheitern von Allmachtsfantasien. Die letzten Stunden des Schlachtschiffes werden mit literarischen Zitaten und Zeugenberichten (etwa von Kriegsreporter Egon Erwin Kisch, der das Geschehen von einem Begleitschiff aus beobachtete) in Szene gesetzt. „Die Sprache des Krieges ist wieder präsent“, betont Peter Wagner die Aktualität der Geschichte – auch 100 Jahre später.