Starregisseur Stefan Herheim wird Wiener und wechselt als neuer Intendant ans Theater an der Wien (TaW) - allerdings erst im Jahr 2022. Diese Lösung verkündeten am Donnerstag die Vereinigten Bühnen Wien (VBW).

Eigentlich hatte man einen neuen Chef in Nachfolge von Roland Geyer bereits ab der Saison 2020/21 gesucht. Nun bleibt der amtierende TaW-Impresario zwei Jahre länger. Angesichts der langen Vorlaufzeiten zeigten sich die Verantwortlichen am Donnerstag zufrieden mit dieser Lösung: "Da hat uns die Realität eingeholt", so VBW-Geschäftsführer Franz Patay.

Er freue sich jedenfalls, dass man die Struktur mit einem eigenen Opernintendanten und einem Zuständigen für die Musicalsparte beibehalte. Bei letzterer wurde der seit 2012 amtierende Christian Struppeck um fünf weitere Jahre verlängert. "Das ist wie bei der Nordischen Kombination: Der Gewinner dort ist nie der Beste im Skispringen und im Langlaufen. Wir wollen aber in beiden Disziplinen um die Goldmedaillen mitspielen, nicht in der Kombination", griff Patay zum Vergleich.

Erfreut über die Designierung zeigte sich auch Stefan Herheim, der Wien zu seinem künftigen Lebensmittelpunkt ausrief: "Die Bühnenbretter des Theater an der Wien gehören zu den fruchtbarsten kulturellen Äckern Europas, auf dem sich die prächtigsten Früchte ernten lassen. Der Samen dafür ist ein Grundvertrauen in die künstlerische Integrität."

Damit erfülle der Regisseur alle Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit am TaW, zeigte sich auch Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) gegenüber der APA überzeugt: "Ich habe jemanden gesucht, der nicht ein Roland Geyer 2.0 ist, sondern eine weiterführende und andere Vorstellung von Oper hat. Das hat Herheim mit seinen Inszenierungen bewiesen." Er sei zuversichtlich, dass der 47-Jährige das Haus mit neuen Künstlern einer künstlerischen Neubewertung unterziehen werde.

Die Wiener Symphoniker zeigten sich vom künftigen TaW-Intendanten Herheim angetan. Dieser gehöre "zu den kreativsten Köpfen des internationalen Opernbetriebs. Sein tiefes musikalisches Verständnis bürgt für eine wirkliche Einheit von Musik und Bühne", so Symphoniker-Intendant Johannes Neubert.

Kontinuität auf der personellen Ebene gibt es indes in der VBW-Musicalsparte, wird hier Struppeck doch seinen Weg fortsetzen können. Nicht zuletzt die erfolgreiche Saison mit ausverkauften Häusern bei der Rainhard-Fendrich-Revue "I Am From Austria" und die Wiederaufnahme des Klassikers "Tanz der Vampire" verschafften hier den nötigen Rückenwind.

"Ich möchte für unser Publikum und unsere Stadt weiterhin international bekannte Musicalhits nach Wien holen sowie eigens für Wien entwickelte Originalproduktionen präsentieren", umriss der Musicalexperte seine Vision der kommenden Jahre. Als "nicht nachvollziehbar" bezeichnete am Donnerstag NEOS-Kultursprecherin Beate Meinl-Reisinger die Bestätigung Struppecks. "Es ist sehr problematisch, dass eine schwache Bilanz und ein Besucherrückgang bei den Vereinigten Bühnen offenbar mit einer Vertragsverlängerung belohnt werden." In einer Aussendung sprach sie davon, dass "jede Zukunftsentwicklung bei den Vereinigten Bühnen Wiens abgeblasen" sei.

In jedem Falle kam am Donnerstag ein langer Auswahlprozess zu einem Abschluss, der sich seit dem Auslaufen der Ausschreibungsfrist am 31. Mai über sieben Monate gezogen hatte. In deren Verlauf hatten die Verantwortlichen mit renommierten Künstlern des Opernbetriebes wie dem Greco-Russen Teodor Currentzis oder dem Franzosen Marc Minkowski verhandelt und zugleich Ideen für eine Generalintendanz gewälzt. Am Ende wurde es eine Mischung aus Kontinuität und moderatem Aufbruch. Die VBW können somit beruhigt in die Weihnachtspause gehen.