Zum Abschied ihrer Intendanz ernannte Landeshauptmann Christopher Drexler Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber symbolisch zu „Ehrensteirern“. Die Diagonale-Generalversammlung streute dem Duo für acht Jahre Intendanz Blumen: „Ihr habt es wirklich gerockt!“ Und diese bedankten sich beim Team, das „größte Geschenk“. Berühmte letzte Worte: „Danke, wir gehen jetzt ‘Wayne‘s World’ schauen.“ Preise gab es auch – zuhauf.
Die besten Bilder von der Diagonale-Preisverleihung:
Es hat Tradition: Läuft ein Film vom Regie-Duo Tizza Covi und Rainer Frimmel, stehen die Chancen hoch, dass sie auch gewinnen. Das war zuletzt bei der Doku "Aufzeichnungen aus der Unterwelt" (2021) so, davor bei "Der Glanz des Tages" (2012) oder bei "La Pivellina" (2009). Auch 2023 bleibt die Diagonale für beide ein ausgezeichnetes Pflaster. Ihr in Venedig uraufgeführter semi-dokumentarischer Film "Vera" wird mit dem Großen Diagonale-Spielfilmpreis, dotiert mit 21.000 Euro ausgezeichnet. Es ist ein hinreißendes, eindringliches Leinwanddenkmal für die ewige Tochter Vera Gemma. Sie ist hauptberuflich Tochter von Italo-Western-Star Giuliano Gemma: Rainer Frimmel und Tizza Covi ändern das und zeigen Vera Gemma in der Rolle ihres Lebens. Via Videobotschaft zugeschaltet sagte die Protagonistin: "Danke, das ist eine große Genugtuung nach ewigem Warten."
Kommentar zur Diagonale
In einem starken Dokumentarfilm-Jahrgang wird „Souls of a River“ bei der Diagonale mit dem Großen Diagonale-Dokumentarfilmpreis (21.000 Euro) geehrt. Der Film folgt mit bildgewaltiger Ästhetik dem unheilvollen Plätschern des Wassers. Endstation: der Fluss Evros. Dort, wo Geflüchtete zwischen Griechenland und der Türkei versuchen, die EU zu erreichen. Symbolische Grabsteine säumen den Weg – ein Friedhof der Namenlosen. Was hier geschah, wurde weggespült. Gemeinsam mit einem Gerichtsmediziner besucht Regisseur Chris Krikellis die Toten, die das tiefschwarze Gewässer freigab. Herausgekommen ist eine geisterhafte, kompromisslose Spiegelung der Verhältnisse.
Der Steirer Lapuch, heftig applaudiert, wurde für „Cornetto im Gras“ geehrt. Die ausgezeichneten Filmemachenden sparten insgesamt nicht mit politischen Seitenhieben: „Ich darf in Österreich nicht wählen, aber wenigstens Filme machen. Das ist mein bescheidener Beitrag, um auf den strukturellen Rassismus hinzuweisen“, sagte Olga Kosanovic’, die für „Land der Berge“ für den besten Nachwuchsfilm geehrt wurde.
Publikum votete für die Feminismus-Doku
Das Publikum in Graz trifft bekanntlich seine eigene Wahl. 2023 war das beste Ergebnis beim Publikumspreis der Kleinen Zeitung: Über die mit 3000 Euro dotierte Auszeichnung darf sich Katharina Mückstein freuen. „Feminism WTF“ heißt ihre neue, in Graz mit stehenden Ovationen uraufgeführte Doku. Die Filmemacherin und Aktivistin konnte den Preis krankheitsbedingt nicht selbst entgegennehmen, schickte aber Dankesworte: „Wie schön, dass ein Film, der Feminismus feiert, den Publikumspreis bekommt. Viele Menschen spüren und wissen, dass alle - unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe oder sozialer Herkunft - ein Anrecht haben auf ein gutes Leben. Diese Idee ist der Schlüssel für eine Zukunft auf dieser Welt. Ich bedanke mich vielmals bei Team und Cast von „Feminism WTF“ und beim Diagonale-Publikum.“
Das „WTF“ dient als Rufzeichen in ihrem poppig inszenierten, vielstimmigen und zornigen Film. Kluge Köpfe erklären Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse aus transtheoretischer und postkolonialistischer Perspektive. Ein Film, der Feminismus erklärt und einordnet - für alle. Ab Freitag im Kino.
Zwei Publikumslieblinge
Mehr als verdiente Anerkennung gab es auch für zwei steirische Schauspielgrößen: die auch als Regisseurin, Autorin und Moderatorin tätige Grazerin Pia Hierzegger(51) erhielt den Preis als beste Schauspielerin für ihre Darstellung einer undurchsichtigen Mutterfigur in Peter Hengls Thriller „Family Dinner“: „Mit eindrucksvoller Ambivalenz zeichnet sie einen Charakter zum Fürchten - und trägt zur eskalierend unheimlichen Atmosphäre des Films entscheidend bei“, so die Schauspieljury in ihrer Begründung. Als Schauspielerin war Hierzegger lange auf spröde Frauenfiguren festgelegt – hier läuft sie als ominöse Matriarchin zu unheimlich schillernder Höchstform auf. Wie in ihrer Dankesrede auch: "Uns war beim Dreh noch gar nicht, bewusst, was für ein toller Ort für Horror Niederösterreich ist. Und: Alle Menschen, die in dem Film gegessen werden, wurden nach traditionellen österreichischen Rezepten zubereitet", sagte sie. Viel Applaus.
Nicht weniger beeindruckend zeichnet Gerhard Liebmann (52) in David Wagners in Venedig uraufgeführtem Drama „Eismayer“ nach wahrem Vorbild einen harten Soldaten, der in der Liebe zu einem jungen Rekruten zu sich selbst findet. Er zeichne „das Aufbrechen einer emotionalen Verpanzerung“, so die Jury, „auf so eindringliche, eindrückliche Weise“, dass ihm dafür der Preis als bester Schauspieler zuerkannt wurde. Es ist bereits der zweite Diagonale-Schauspielpreis für Liebmann, dessen zurückhaltendes, intelligentes Spiel in Haupt- und Nebenrollen seit den 1990ern zahlreiche heimische Produktionen adelt. "Die Reise mit diesem Film hat vor dreieinhalb Jahren begonnen. Hab so viel gelernt, dafür bin ich dankbar. Und jetzt auch noch dieser Preis! David, danke für deine Hingabe, dein Herz, ich liebe dich!"