Die Schauspielerin Maria Furtwängler (50) hat eine "saftige Rolle" vor sich. Im Berliner Theater am Kurfürstendamm spielt sie in der schwarzen Komödie "Alles muss glänzen" von Noah Haidle eine Hausfrau, deren Existenz ins Schwimmen gerät. Regie führt Ilan Ronen, Premiere ist am Samstag.
Ist die Flunder, die Sie auf dem Foto zur Inszenierung halten, echt?
Furtwängler: Die Flunder ist reinmontiert worden. Im Stück ist es eine Forelle. Es gab keine Flunder. Die Silikonforelle werde ich mit meinem Spiel zum Leben erwecken.
Was hat Sie an dem Stück gereizt?
Furtwängler: Die Rolle der Rebecca. Das ist schon eine saftige Rolle. Das ist eine Frau, die in kürzester Zeit, in einem Rutsch, solche Höhen und Tiefen durchlebt. In einer Geschwindigkeit und auch Zartheit und auch wieder Wildheit. Das hat mich total begeistert und neugierig gemacht. Das ist eine Frau aus einer Zeit, der ich oder, ich glaube, alle Frauen heute mit Kopfschütteln begegnen.
Zur Vorbereitung habe ich "Die zehn Gebote einer Hausfrau" (aus den 50er Jahren) gelesen, die wir auch am Anfang des Stückes hören werden: "Schalten Sie alle Krach machenden Maschinen aus, wenn Ihr Mann kommt. Legen Sie sich 15 Minuten hin, damit Sie ausgeruht und schön aussehen, wenn er kommt. Wenn er kommt, sprechen Sie nicht zuerst, lassen Sie ihn sprechen. Machen Sie Ihr Zuhause zum Hafen seine Geborgenheit. Ziehen Sie ihm die Schuhe aus. Servieren Sie ihm sein Lieblingsmahl..."
Alles, bei dem die Feministin in uns laut schreit: Stopp, halt! Da darf man nicht vergessen, dass es die Generation meiner Großmutter und meiner Mutter ist. Das ist nicht lange her. Sich noch mal ganz mit dieser Art zu leben identifizieren und gleichzeitig die Zweifel dieser Frauen spüren: Ist das das richtige Leben gewesen? Und da frage ich mich natürlich schon: Leben wir Frauen heute das Leben, von dem die geträumt hätten? Ist es das? Ich finde es spannend, sich damit auseinanderzusetzen.
Gehen heute die Uhren wieder rückwärts, was Frauen und Gleichberechtigung angeht?
Furtwängler: Den Eindruck haben wir alle, glaube ich. Mit dem aufkommenden Populismus quetscht sich wieder so eine merkwürdig konservative, rückwärtsgewandte und patriarchalische Strömung rein, die mir unheimlich ist.
Sie haben an der Uni Rostock eine Studie über Frauen im Fernsehen in Auftrag gegeben. Warum?
Furtwängler: Weil mich das sehr beschäftigt. Die Medien, vor allem die audiovisuellen Medien, haben einen großen Einfluss darauf, was wir uns vorstellen können zu sein. Die Bilder, die wir da permanent präsentiert kriegen, im Fernsehen, Kino, Musikvideos - sich das mal anzugucken: Was sind denn das eigentlich für Bilder? Wie alt ist die Frau, wie alt sollte die sein, wie sollte die aussehen, wie dick, wie dünn? Wie viel spricht sie, welche Funktion hat sie?
Sind Sie immer noch Anhängerin einer Frauenquote?
Furtwängler: Eine Quote in Aufsichtsräten, na klar. Ich bin ja nicht in der Wirtschaft beschäftigt, aber alle, die sich auskennen, sagen, dass sich zu wenig verändert hat. In den letzten 15 Jahren hat sich in den Führungsetagen der Dax-100-Unternehmen einfach wahnsinnig wenig getan. Eine Quote ist immer eine Krücke, ist nie schön. Aber wenn es das braucht, um Dinge zu verändern und dann möglichst bald, wenn das Bein wieder geheilt ist, die Krücke wegzuwerfen: ja.
Zurück zu Ihrer Theaterrolle. Fürchten Sie sich vor schlechten Kritiken?
Furtwängler: Heute wurde ich das dreimal gefragt, davor habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Gar keine Frage: Ich begebe mich in ein totales Risiko. Ich habe das noch nie gemacht, so eine Riesenrolle auf der Bühne. Es ist keine leichte Rolle. Aber - no risk, no fun. Wir werden sehen.
Ihre Souffleuse kennen Sie schon?
Furtwängler: Nein, aber heute soll sie kommen. Der Text ist kein Problem für mich. Aber die Energie, die Lust, den Wahnsinn, auch die stimmliche Kraft, halte ich das alles? Und den Spaß, mich und vor allem das Publikum mitzunehmen? Das zu erreichen, sehe ich als meine Aufgabe.
Wie lange möchten Sie den "Tatort" noch machen?
Furtwängler: Da habe ich noch keine Begrenzung. Nicht endlos, aber ich will ihn jetzt auch nicht nächstes Jahr beenden.