Aufruhr in der Kleinstadt: Der Schiefe Turm von Pisa ist praktisch nix im Vergleich zur Rosegger-Statue im Ortszentrum: Die neigt sich plötzlich bedrohlich zur Seite. Macht keinen guten Eindruck, schon gar nicht gegenüber der Unesco-Delegation, die demnächst den historischen Stadtkern zum Weltkulturerbe erklären soll.
Ist eine tektonische Verschiebung der eurasischen Platte schuld an der roseggerschen Schieflage? Und wieso ist der Bauunternehmer Wiesinger gar so vehement gegen eine prompte Renovierung des Ortszentrums?
Den Heimatkult des Volksdichters Rosegger und die zunehmende Rechts-Lage im kleinstädtischen Gefüge hat der Oberösterreicher Thomas Arzt (33), der mit Stücken wie "Johnny Breitwieser" und "Totes Gebirge" derzeit zu den meistgespielten und interessantesten Dramatikern Österreichs zählt, zu einer schrägen Reflexion über die verschwommenen Grenzen zwischen Heimatliebe und Nationalismus aneinandergefügt.
Dass dabei das diffuse bürgerliche Unbehagen an den Zumutungen der Gegenwart natürlich sofort in dumpfe Fremdenfeindlichkeit kippt, ist so erwartbar wie schlicht, stört aber noch weniger als der Umstand, dass Regisseurin Nina Gühlstorff dem Text die äußere Form eines rustikalen Lustspiels mit allem Drum und Dran verpasst: überspitzte Kostümierung, originale fidele Musikuntermalung, wohlfeile Lacher.
Das bekommt weder dem Text noch den Schauspielern, die sich (allen voran Florian Köhler als Rosegger zitierender Kleinstadtpatrizier) zweieinhalb Stunden lang mit Verve in ein Bühnenscharmützel werfen, bei dem am Ende ein alter Nazi exhumiert und der Unesco-Besuch zugunsten der Eröffnung eines neuen Landesseniorenheims vertagt wird.
Autor Arzt findet da noch zu interessanten Zwischentönen in Sachen Heimatdiskussion, die Inszenierung nimmt sich diese Zeit nicht. Schade, gerade zum Saisonauftakt.
Ute Baumhackl