Wenn die Leute hören, dass wir einen Theaterabend zur EU und zur Europa machen, verdrehen sie gerne die Augen und sagen: Boah, ist das schwierig“, erzählt Erik Jan Rippmann. Und gesteht auch gleich: „Eigentlich habe ich mich selbst vor dem Thema gefürchtet. Aber es ist halt sehr präsent, deshalb muss es auch behandelt werden.“ Im Zuge der Flüchtlingskrise hat der Regisseur, Schauspieler und Leiter des Theaterfestivals „Spectrum“ auf Bildern aus Budapest den Spruch „Where are you Europe“ gesehen: „Da habe ich gedacht: gute Frage. Dem sollte man nachgehen.“
Theatercollage
Und zwar in Form einer Theatercollage, die Rippmann gemeinsam mit seinem Ensemble geschaffen hat. Als große Klammer hat der 48-Jährige den Prolog und den Epilog vorgegeben: Den Einstieg etwa liefert das „Paneuropäische Manifest“, in dem Richard Coudenhove-Kalergi schon im Jahr 1923 den Europagedanken verfolgte. Auf Basis von Texten verschiedener Autoren, Journalisten und Politiker sowie aus Foren und Zeitungen entstand so ein Abend zu den Konflikten, Brennpunkten und Aufgabenstellungen des großen humanistischen Projekts Europa, der am 15. September in der neuenbuehnevillach Premiere feiert.
In einer heruntergekommenen Bahnhofshalle, von der aus „permanent keine Züge fahren“, wird die politische Situation Europas auf Menschen heruntergebrochen – der Engländer etwa will nicht so recht: „Gerade der Brexit war spannend, denn es geht bei uns viel um Identität. Und als die Briten mehrheitlich dafür gestimmt haben, aus der EU auszutreten, hat man in den anderen EU-Ländern plötzlich erstmals so einen Moment lang so etwas wie ein Zusammenrücken, eine gemeinsame Identität gespürt.“
Antworten darf man sich nicht erwarten, aber dafür Bilder, „anhand der jeder selbst Position beziehen können wird“, verspricht Rippmann, übrigens gebürtiger Schweizer, der seit 1990 in Österreich lebt. Und für den die EU in erster Linie ein Wirtschaftsraum ist: „Das Einzige, was funktioniert, ist der Handel mit Waren. Und ein Friedensprojekt ist die EU, damit dieser Handel nicht gefährdet wird – auch wenn das jetzt sehr zynisch klingt.“
Ganz ohne Zynismus wird man bei diesem Projekt aber wohl ohnehin nicht auskommen. Denn, so Rippmann: „Es wird immer schwerer, Geschichten zu erfinden, weil das Leben die unglaublichsten schreibt.“