Manche Gedanken – meistens nicht die guten – haben Widerhaken. Sie setzen sich im Fleisch des Bewusstseins fest und werfen immer wieder neue Hirnrissigkeiten in den Münzspalt des Gedankenkarussells. Runde für Runde. „Was, wenn?“-Vertigo. Bei der 16-jährigen Aza Holmes versteckt sich einer dieser Gedanken unter einem Pflaster in der Kuppe ihres rechten Mittelfingers. Ihre Sollbruchstelle. Seit Kindheitstagen drückt sie den Daumennagel so fest in die Haut, bis die Wunde platzt, um sie zu desinfizieren und mit einem frischen Pflaster zu verarzten. Um sich wenig später zu fragen, ob sich die Wunde entzündet hat, um es wieder abzunehmen und zu wechseln. Ihre Zwangshandlung.


Aza besitzt ein breites Portfolio an gesundheitlichen Sorgen. Begonnen bei ihrem Mikrobiom über die eventuellen Kolibakterien in der Cafeteria bis hin zum Saugwurm Diplostomum pseudospathaceum, der in Fischen lebt und ihnen seinen Willen aufzwingt. Irgendwie sahen Teenagerprobleme früher anders aus – außer man wohnte in Twin Peaks. Jugendbuchautor John Green nimmt den Leser mit in den Kopf einer Jugendlichen, die ihre Therapietermine zwar einhält, ihre Tabletten aber unregelmäßig nimmt und deren Vater plötzlich verstarb.

Die erste Liebe

Und dann kommt auch noch die erste Liebe mit ersten Küssen. Herz gegen Desinfektionsmittel. WhatsApp als Kompromiss. An ihrer Seite: Nerd Daisy, der Regenbogen in der klaustrophobischen Welt ihrer besten Freundin. Green nimmt ein verquer vertrautes Paralleluniversum unter die Lupe und versucht ganz nebenbei auch noch einen Kriminalfall zu lösen. Für Schöne-Sätze-Sammler sind allerhand Weisheiten dabei, auch für Eltern, die so ein fremdes Wesen zu Hause haben. Allen anderen mag die Problemwälzerei ab und zu enervierend erscheinen. Sätze wie „Dein Jetzt ist nicht dein Immer“ wiegen in diesen Momenten aber schwerer. Stellt sich bloß die Frage, wie die Lebensmitte wohl aussieht, wenn man die erste essenzielle Midlife-Crisis schon mit 16 hatte? Das Nachwort zeigt, dass das niemand besser weiß als der Autor selbst, der seinen Ärzten dankt. „Es gibt immer Hoffnung, selbst wenn einem die eigenen Gedanken vormachen, es gebe keine.“