"Im Westen nichts Neues", ein Klassiker der Antikriegsliteratur von Erich Maria Remarque, ist erstmals 1929 erschienen. Remarque erlangte dadurch schlagartig Weltruhm. Wenige Jahre später fiel seine Abrechnung mit dem Ersten Weltkrieg dem Verbrennungsfuror der Nazis zum Opfer, Remarque selbst wurde 1938 ausgebürgert, lebte zunächst in den USA und starb schließlich 1970 in seiner Wahlheimat Tessin.
"Im Westen nichts Neues" – jetzt in Original-Aufmachung wiederveröffentlicht – erzählt die Geschichte des 19-jährigen Paul Bäumer, der als ahnungsloser Kriegsfreiwilliger von der Schulbank an die Front kommt und schnell lernen muss, dass er dort kein Abenteuer erlebt, das bald vorbei sein wird, sondern im Schützengraben zum "Menschentier" wird, zum Tötungsautomaten.
Remarques Buch geht auch heute noch durch Mark und Bein, wie er das Grauen beschreibt, das Aufspritzen der Vernichtung, das tagelange Würgen der Gaskranken, die ihre Lunge stückweise auskotzten. "Wir waren 18 Jahre und begannen die Welt und das Dasein zu lieben; wir mussten darauf schießen. Die erste Granate, die einschlug, traf in unser Herz."
Sprachlose Kriegsgeneration
Ein zentrales Motiv des Romans besteht in der Unfähigkeit der Soldaten, während des Krieges angemessen über ihre Kriegserlebnisse zu sprechen. "So etwas" könne nicht erzählt werden, meint Paul Bäumer während seines Heimaturlaubs. Es sei "eine Gefahr für mich, wenn ich diese Dinge in Worte bringe, ich habe Scheu, daß sie dann riesenhaft werden und sich nicht mehr bewältigen lassen. Wo blieben wir, wenn uns alles ganz klar würde, was da draußen vorgeht."
Remarque wusste, wovon er schreibt, wurde ab dem 12. Juni 1917 als Kriegsfreiwilliger an der Westfront (Flandern) im westfälischen Reserve Infanterieregiment 15 eingesetzt. Nach mehreren Wochen wurde er am 31. Juli 1917 so schwer verwundet, dass er den Rest des Krieges in einem Lazarett in Duisburg verbrachte. Dort befragte er Soldaten nach ihren Erlebnissen im Krieg und notierte sich die Ergebnisse seiner Befragungen.
Von Schriftsteller-Kollegen wurde das Buch damals unterschiedlich aufgenommen. "Das Buch hat nicht als Kunstwerk die Millionen erregt, sondern wegen seines Stoffes und wegen der Behandlung dieses Stoffes", äußerte sich Kurt Tucholsky kritisch zum Roman. Dagegen forderte Carl Zuckmayer: "Dieses Buch gehört in die Schulen, die Lesehallen, Universitäten, in alle Zeitungen, Funksender, und das alles ist noch nicht genug."
Erich Maria Remarque. Im Westen nichts Neues. Kiepenheuer & Witsch. 360 Seiten, 23,50 Euro.