Kurz war's (knapp eineinhalb Stunden) - aber dafür umso intensiver: David Öllerer, besser bekannt als charismatische Kunstfigur Voodoo Jürgens, verzauberte Freitag abend das heftig begeisterte Publikum im Grazer Orpheum mit einem Konzert, das keine Wünsche offen ließ. Mit seiner aktuellen Platte "s klane Glücksspiel" im Gepäck zottelte der Dialektbarde durch verruchte und verrauchte Halb- und Zwischenwelten.
Bereits mit seiner ersten CD "Ansa Woar" (2016) erreichte der 36 Jahre alte Niederösterreicher Kultstatus. Vor allem das aberwitzige Schunkel-Moritat "Heute grob ma Tote aus" hatte es den Lebenden angetan. Aber auch die neuen Songs sind allesamt "ansa Woar" und kommen live noch zwingender daher als auf Platte.
Der erste Blick mag täuschen: Denn Voodoo Jürgens ist mit seinem 70er-Jahre-Outfit und der obligaten Halskette aus Silber kein Vintage-Posterboy, sondern ein begnadeter, ernsthafter und ernst zu nehmender Singer/Songwriter mit literarischen Qualitäten, der in seinen Geschichten aus einem Alltag erzählt, der oft zäh ist wie Gulaschflaxn. Da geht es um Scheidungsleichen und Sat-Schüsseln, pickige Kindheitserinnerungen an den Eislaufplotz und "Ohrwaschlkräuler", die im Fall Jürgens aber keine lästigen, sondern durchaus willkommene Viecher sind.
All diesen Storys liegt kein falscher Zauber inne, sondern eine gewachsene Authentizität. Und obwohl sich der Künstler Voodoo Jürgens mit Vorliebe im schummrigen Rotlicht herumtreibt, ist er schlau genug, nicht in die Falle der Strizzi-Romantisierung zu tappen. G'frast bleibt G'frast - ob im echten Leben oder in der Voodoo-Welt.
Zu Bewegungen, die an einen liebeskranken Kranich aus Fünfhaus erinnern, raunte Jürgens seine Dialektpoeme ins textsichere und mitsingfreudige Publikum. Seine Band, die "Ansa Panier", spielte äußerst fidel auf und erinnerte wunderbar torkelig an waits'sche Schräglagen. Der bitterböse und gefinkelte Gänsehaut-Hadern "Angst haums" brauste am Ende des Konzertes besonders heftig durch den Saal, der mit rund 1000 Besuchern gefüllt war. Fazit: Ansa Woar soweit Augen und Ohren reichten!