Jetzt, bei einem einseitigen Zwiegespräch mit dem Jubilar, stellt sich eine Geschichte ein. Sie handelt von einem chinesischen Maler. Sein gesamtes Leben lang arbeitete er an einem einzigen Bild. Er malte einen prächtigen Park, dazwischen führt ein Weg sanft bergauf zu einem Haus auf einer Anhöhe. Als er, reichlich betagt, meinte, sein Werk sei vollendet, lud er seine noch verbliebenen Freunde zur Bildbetrachtung ein. Sie bestaunten das Bild, als sie sich aber dem Künstler zuwenden wollten, war dieser nicht mehr da. Erst als sie erneut auf das Bild blickten, entdeckten sie ihn, im Gemälde, auf dem Weg zum Haus. Dort blieb er kurz stehen, winkte und lächelte, ehe er die Haustür behutsam öffnete und verschwand.


Klaus Hoffer, der, und da wird es kurz ganz persönlich, so viel bewirkte, bewegte, der neue Wege und Zugänge zur Literatur eröffnete, vollendete schon in recht jungen Jahren sein Meisterwerk. Den zweiteiligen Roman „Bei den Bieresch“. Zwei Bücher fürs Leben, weil sie, wie obige Geschichte, jegliche Realität als Trugbild erscheinen lassen. Aber er zog es vor, nicht zu entschwinden, sondern auf markante und wichtige Weise präsent zu bleiben. Als sprachlicher Feldforscher, als exzellenter Übersetzer, der unter anderem Werke von Kurt Vonnegut und vor allem von Raymond Carver in die deutsche Sprache übertrug und nun für den Droschl-Verlag die genialen Erzählminiaturen von Lydia Davis für den deutschsprachigen Raum zugänglich macht, als ständig Suchender nach Neuem.

Eine Begegnung, viele Lesetipps


Jede Begegnung mit ihm endete mit unentbehrlichen Lesetipps. Von Denis Johnson bis Ágota Kristóf, damals in unserem Breiten noch völlig unbekannt.


Klaus Hoffer, der heute seinen 75. Geburtstag feiert, Grazer Forum-Stadtpark-Autor der frühen Stunde, ist nie ins Leichte desertiert. „Unsere Geschichte ist der Knoten, der sich knüpft, wenn man ihn löst“, heißt es in den „Bieresch“, diesem phantastischen Zauberstreich, der bei jeder neuerlichen Lektüre zur nächsten Entdeckungsreise wird. Nichts darin ist, wie es scheint. Ein Roman mit Eigenleben. Dies zeigt sich in einer von vielen Lieblingssequenzen. Der als unschlagbar geltende Schachspieler Lumiere muss plötzlich entdecken, dass seine Figuren auf dem Brett, vom Bauer bis zum Pferd, zum Leben erwachen und sich verwandeln. Magritte, buchstäblich. Hoffer, wie er leibt, lebt, denkt und schreibt. 75 Verbeugungen sind dafür angebracht.