Als Ehrengast zur Belgrader Buchmesse war sie geladen, der Auftritt endete mit Proteststürmen und Schreierein. Herta Müller, Literaturnobelpreisträgerin ist wohl das neue serbische Feindbild Nummer eins. Grund: Sie hatte es gewagt, das Nato-Bombardement im Jahr 1999 als quasi logisches Resultat der zahlreichen Milosevic-Kriege zu beschrieben. Daher riet sie der serbischen Gesellschaft zu einer kritischen Aufarbeitung der eigenen Schuld.

"Reine Lüge"

Viele Zuhörer reagierten empört und lautstark, die regierungsnahe Presse schäumte, ein Boulevardblatt verballhornte den Namen der Schriftstellerin gar zu „Müll“. Die Aufregung dauert an. Denn eine Empörungswelle hat das Land erfasst, das sich selbst als Opfer einer westlichen Weltverschwörung unter Führung der USA, Deutschlands, Österreichs und des Vatikans sieht. Aber nicht als Täter. «Ich hätte sie sofort zurückgeschickt, mit all ihren Büchern», sagt der Schriftsteller Dragisa Pavlovic. Und «Novosti»-Herausgeber Milorad Vucelic: «Alles, was sie gesagt hat, ist reine Lüge! Ausserdem ist sie keine besondere Schriftstellerin, sondern vielmehr eine verängstigte politische Aktivistin.» Der international bekannte serbische Regisseur und Musiker Emir Kusturica schlug in die gleiche Kerbe. «Sie hätte besser zu einer Militärparade oder zur Automobilmesse als zur Buchmesse eingeladen werden sollen."