Die Revolution war da, die Aufklärung hat angeklopft - und wurde niedergeschlagen. In seinem dunklen Paranoia-Porträt "Höllenangst" aus 1849 hat Komödienmeister Johann Nestroy die rohen Emotionen seiner Zeit mit untypischer Nüchternheit eingefangen. Im Wiener Volkstheater feierte am Samstag eine reduzierte, punktgenaue, wenn auch nicht allzu packende Inszenierung von Felix Hafner Premiere.
Der 25-jährige Regisseur, der am Volkstheater in der vergangenen Spielzeit mit seinem "Menschenfeind" für Aufsehen gesorgt hat - Wiederaufnahme ist am morgigen Montag - setzt auch diesmal auf spartanisches Design und unkitschigen Seelenstriptease. In seiner schmucklosen schwarzen Bühne (Camilla Hägebarth), die einer Halfpipe nachempfunden ist, kommt keiner drum herum, sich schlitternd und kletternd der Lächerlichkeit preiszugeben und wer etwas zu sagen hat, der kommt nach vorn an die Rampe, dicht zum Publikum, und stellt sich unverfroren bloß.
Etwa in den Couplets, die "Willkommen Österreich"-Außenreporter Peter Klien neu gedichtet und Clemens Wenger (5/8erl in Ehren) neu vertont hat, und deren größtes Verdienst darin bestand, das ewige Verlierertum der Familie Pfrim vehement durch sängerisches Unvermögen zu unterstreichen. Die (politische) Aktualisierung des Stücks durch diese neuen Textteile erschöpfte sich dagegen in Plattitüden ("Brexit!") und wer die musikalische Gestaltung des Abends mit Spannung erwartet hatte, musste erkennen, dass an den Sound wie an alle Sinneseindrücke mit dem Sparstift herangegangen wurde.
Getragen wird das Stück stattdessen von Thomas Frank als ebenso wutentbrannter wie gutherziger Unterschicht-Jedermann Wendelin, der einen vermeintlichen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat und sich von diesem Aberglauben eine veritable Glückssträhne versauen lässt sowie von Günter Franzmeier als seinem Vater Pfrim, ein klassischer Wiener Trunkenbold mit locker sitzender Alltagsweisheit. Ein Duo, das zu amüsieren, aber schwerlich zu rühren vermag.
Das Damentrio Laura Laufenberg, Claudia Sabitzer und Isabella Knöll bleibt weitgehend unauffällig, Christoph Rothenbuchner als ehrgeiziger Lebemann Thurming und Gabor Biedermann als verfolgter Wohltäter Reichthal sorgen als rasch skizzierte Charakterschablonen für die abstruse Figuren-Homöostase der kurzen Posse. In Summe: Solides Theaterhandwerk, dessen Ambition, Erhellendes über Politikverdrossenheit, Wutbürgertum oder fanatismusaffine Engstirnigkeit im Heute beizutragen, letztlich Ambition bleibt.