Eine Oper während einer Oper. Alexandra Liedtke inszeniert zum Saisonauftakt "Hoffmanns Erzählungen", Jacques Offenbachs phantastische Oper über das ewige Scheitern der Liebe. Das Salzburger Landestheater wurde am Samstagabend zum Kuriositätenkabinett, mit fünf prächtig ausgestatteten Akten. Eine gelungene Premiere.
Hoffmann darf in der Liebe nicht glücklich werden, nur in der Kunst. So will es die Muse. Der Dichter ist verliebt in die Primadonna, auf die er hinter der Bühne wartet. Und weil bis zum Ende ihrer Vorstellung noch genügen Zeit ist, bewegt der Chor Hoffmann dazu, eine Geschichte zu erzählen. So beginnen die Erzählungen über drei Frauenfiguren, bei denen er anwesende Personen immer wieder in seine Geschichten einfließen lässt.
Stetiger Begleiter ist die Muse in der Gestalt des Niklas. Sie kämpft mit allen Mitteln, um ihren Schützling nicht an die Liebe zu verlieren, sondern an den Schreibtisch zurück zu bringen. Letztlich wird sie in jeder der drei Frauenerzählungen zum Auslöser von Hoffmanns Scheitern. Das Libretto von Jules Barbier und Michel Carre basiert auf bekannten Stoffen von E. T. A. Hoffmann, wie dem "Sandmann", oder "Rat Krespel".
Alexandra Liedtke inszeniert die Erzählungen in drei unterschiedlichen Szenarien, wobei alle inhaltlich dem selben Ablauf treu bleiben: Hoffmann trifft eine Geliebte und gerade, wenn er glaubt glücklich zu werden, greifen seine Widersacher, der Nebenbuhler Lindorf und ein Diener, ins Geschehen ein und verhindern Hoffmanns Glück. Dies geschieht in äußert detailreichen Szenarien (Bühne: Falko Herold).
In einem viktorianischen Kuriositätenkabinett begegnet er Olympia (Tamara Ivanis), die optisch an die Herzkönigin in Tim Burtons "Alice im Wunderland" erinnert und eigentlich eine Maschine ist. Die Kurtisane Giulietta versucht ihn in Korsage und Austrian Airlines-roter Strumpfhose auf einem Gartenfest zu verführen und die schwerkranke Antonia (Anne-Fleur Werner), bedeckt von einer schweren Decke und Kunstschnee, hängt gleich mehrmals am Tropf und stirbt, bevor sie Hoffmann ewige Liebe schwören kann. Desillusioniert gibt sich Hoffmann dem Alkohol hin, der ihn letztlich doch zur Ernüchterung bringen wird: seine Liebe ist die Poesie. Die Muse hat gewonnen.
Und Carmen Seibl ist eine siegessichere Muse. So warm und stark sie ihren Mezzosopran durch die Arien führt, so berechnend spielt sie die Muse, die ihren Hoffmann zurück will. Die berühmte Bakarole im dritten Akt mit Angela Davis als Giulietta legt sie wie ein majestätisches Wiegenlied an, wobei sie durchwegs Gelassenheit ausstrahlt. Etwas angespannter wirkt ihr Hoffmann, mit dem Ensemblemitglied Franz Supper wieder einmal eine Titelpartie an "seinem" Haus übernimmt. Er singt den Hoffmann durchwegs gedrungen, gibt viel Energie in die Höhen und büßt dadurch an manchen Stellen etwas von seiner Strahlkraft ein.
Auch das restliche Ensemble singt und spielt mit viel Leidenschaft. Besonders viel Spaß vermittelt Alexander Hüttner als Diener in verschiedenen Rollen, der sich auch nicht davor scheut, als sich maßlos selbst überschätzender Franz ein paar schiefe Töne von sich zu geben. Und der Chor und Extrachor des Salzburger Landestheater beweisen auch zum Saisonauftakt, dass sie sowohl gesanglich, als auch darstellerisch höchste Qualität liefern. Adrian Kelly bettet die Stimmen mit dem Mozarteumorchester punktiert und mit viel Volumen in die Offenbach'schen Melodien. Ein gelungener Saisonauftakt, der dem Publikum viel Spaß bringt und mit viel Applaus belohnt wird.