Man könnte einen halbwegs guten Witz daraus schnitzen, aber die Pointe würde sich wie ein Querschläger in den grauen Häuserschluchten der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang verlieren: Wenn dein Kind sich vor der lebensgroßen Statue deines Staatsgründers und jener von Karl Marx fürchtet, dann ist das eine absolute Gefahr, für dich und dein Leben. Kein Witz, Realität. In einer Welt aus Blockwarten und roten Meldungsbüchern. Einer Welt, die uns so fremd ist, dass wir gerne Witze darüber machen, über diese Absurditäten - sind es Gerüchte, sind es Wahrheiten? -, die man hört.
Einer, der einen tiefen Blick hinter die verspiegelte Fassade des Landes ermöglicht, nennt sich Bandi. Ein Pseudonym, das übersetzt so viel heißt wie Glühwürmchen. Seine sieben Kurzgeschichten wurden - so zumindest die kolportierte Geschichte - von einer Hilfsorganisation ins Ausland geschmuggelt. Der Autor lebt noch immer in Nordkorea und versteht sich als „Fürsprecher der Einwohner Nordkoreas“. Und zeichnet das Bild einer Gesellschaft, in der das Regime sogar bis ins Schlafzimmer blickt. Wo jeder Nachbar, bisweilen sogar die eigene Familie Teil der Denunziationsmaschine sein kann. Wo der Mensch nicht eine Sekunde lang er selbst sein kann und das eine Spirale brutalster Zermürbung in Gang setzt.
"Ich bin ein Tier im Käfig"
Es sind Geschichten, wie jene von Myeong-Cheol, der seine todkranke Mutter besuchen will und an der fehlenden Reisegenehmigung verzweifelt. Der seine Tränen mit Verbitterung hinunterschluckt, weil jede Träne als Auflehnung gewertet wird und jede Auflehnung Verrat ist: „Ich bin ein Tier im Käfig, das sich nicht frei bewegen kann, egal, ob der Ort tausend Kilometer entfernt ist oder um die Ecke liegt. Ich bin ein Tier im Käfig!“
Es sind aber auch Geschichten von Menschen, die verbittert an der Ideologie des Regimes festhalten, die diese Ideologie als Skelett ihres eigenen Lebens zum Überleben brauchen. Und wo der Zweifel wie ein Haarriss im Knochen langsam wächst und bohrende Schmerzen verursacht. Wo man die Realität gerne ausblendet - nicht nur, weil auch das Licht rationiert wird. Da braucht es manchmal alternative Lichtquellen, und das kann auch ein Glühwürmchen sein.