Nicht ich bekomme den Preis, sondern meine Bücher", korrigierte sie, als ihr der Nobelpreis im Oktober zuerkannt wurde. Das sieht Herta Müller jetzt genauso. "Ich bin ein ganz gewöhnlicher Mensch und das möchte ich auch bleiben", sagt die Autorin mit ruhiger Stimme vor versammelten Journalisten in Stockholm. Was sie mit der Preissumme von umgerechnet 950.000 Euro machen wird, will sie nicht verraten. "Ich kaufe mir jedenfalls keine Jacht, machen Sie sich da keine Sorgen!"
Die Deutsch-Rumänin, die vor dem brutalen Ceausescu-Regime nach Deutschland fliehen musste, widmete die traditionelle Nobel-Lesung vor der heutigen Preisverleihung durch den schwedischen König Carl XVI. Gustaf der Unterdrückung, Erniedrigung und Isolierung einzelner Menschen in Diktaturen in ihrem faszinierenden Text "Jedes Wort weiß was zum Teufelskreis" (nachzulesen etwa auf der Homepage der FAZ). Sie könne mitfühlen, wie sich Dissidenten etwa in China fühlten: "Ich habe Ähnliches miterlebt."
Verbrecher
In Rumänien seien 40 Prozent des alten Geheimdienstes vom neuen übernommen worden, weiß Müller. "Und das damals war eine Verbrecherorganisation. Die Zeit hatte kaum Konsequenzen, es gab keine Aufbereitung." Anders als in der ehemaligen DDR konnten in Rumänien Geheimdienst-Akten erst 1999, zehn Jahre nach dem Umsturz, eingesehen werden. Dass diese von den 40 Prozent der Ehemaligen frisiert wurden, ist naheliegend." Sie sei gegen die Todesstrafe, sagt Herta Müller. "Ich könnte auch keiner Hinrichtung beiwohnen. Aber bei Ceausescu, der selbst für die geringsten Lappalien Menschen hinrichten ließ, ist es gut, dass es gemacht wurde. Sonst hätte er jetzt wohl wieder eine Schar von Anhängern."
Herta Müller hat wegen ihrer eigenen Erfahrungen übrigens kein Verständnis für das Entgegenkommen der westlichen Industrienationen gegenüber China: "Der Staat tut so, als sei er auf dem Weg zur Demokratie. Gleichzeitig werden Unliebsame verhaftet, verschleppt, verfolgt. Mao ist trotz der vielen Menschen, die er auf dem Gewissen hat, immer noch der große Held, Kulturrevolution ist Tabu, der Protest auf dem Platz des Himmlischen Friedens ebenso."
Der Westen stärke bei den Machthabern das Gefühl, trotz Ignoranz von Menschenrechten akzeptiert zu werden. "Wäre es anders, müssten sich die Herrschenden in China auch überlegen, was sie ändern müssen", sagt Herta Müller.