Am morgigen 16. Juni wird im Klagenfurt das Wettlesen um den mit 25.000 Euro dotierten Bachmannpreis eröffnet. Fünf Autorinnen und Autoren aus Österreich sind dabei, darunter auch Verena Gotthardt aus Kärnten und Nava Ebrahimi und Fritz Krenn aus der Steiermark. Ihre Lesungen wurden bereits auf Video aufgenommen, denn auch heuer werden coronabedingt die Autorinnen und Autoren nicht nach Klagenfurt anreisen. Nur die Juroren unter Vorsitz von Insa Wilke werden im ORF-Theater sitzen und gemeinsam über die Texte diskutieren.

Die Kärntnerin

Aufgewachsen ist sie nur ein paar Hundert Meter entfernt vom Klagenfurter ORF-Theater: „In meiner Jugend bin ich da oft vorbeigegangen, war auch bei vielen Bachmannpreis-Lesungen mit dabei und habe mir vorgestellt, wie es sein muss, dort zu lesen“, erzählt Verena Gotthardt. Als sie dann der Anruf von Neo-Jurorin Mara Delius erreichte, war sie doch baff: „Ich habe meinen Text, den ich extra für den Bachmann-Preis geschrieben habe, an alle Juroren geschickt. Aber ich habe erst gar nicht realisiert, was Mara Delius mir gesagt hat“, lacht sie. Eigentlich dachte sie beim Anruf von einer deutschen Nummer an ganz etwas anderes: Die Klagenfurterin studiert Fotografie an der Universität für angewandte Kunst in Wien und hat vor Jahren im Rahmen eines Kunstprojekts in Italien einen Stein, in den sie ihre Telefonnummer geritzt hat, auf Reisen geschickt – seit damals wartet sie darauf, dass sie kontaktiert wird.

Die Verbindung zwischen Bildender Kunst und Literatur ist bei Verena Gotthardt, die vor einer Woche ihren 25. Geburtstag gefeiert hat, eine sehr enge: „Ich bin durch das Lesen zur Fotografie gekommen. Manche Sätze bei Robert Musil haben sofort Bilder in meinem Kopf erzeugt, die ich dann versucht habe zu visualisieren.“ Seit damals ist der Ausgangspunkt ihrer Fotografie die Sprache – dass sie in beiden „Disziplinen“ denkt, könnte auch damit zu tun haben, dass Gotthardt zweisprachig aufgewachsen ist: „Zu Hause wurde slowenisch gesprochen, ich bin auch in die slowenische Volksschule und dann ins slowenische Gymnasium gegangen.“ Dort wurde das Schreiben durch Literaturwettbewerbe gezielt gefördert. In zarten Alter von 17 Jahren veröffentlichte sie im Hermagoras-Verlag ihre ersten Gedichte unter dem Titel „Najdeni nič“ (Gefundenes Nichts). 2018 folgte ebendort der Erzählband „herausgehen“.

Dass sie sich beim Bachmann-Preis der Kritik der Juroren aussetzt, macht ihr keine große Angst – mit Diskussionen über ihre Arbeit ist sie auch während des Studiums regelmäßig konfrontiert. Aber „ich bin aufgeregt wegen all der Aufmerksamkeit, die ich bekomme“, erzählt sie. Ihre Lesung wurde bereits aufgezeichnet – dass heuer die Autorinnen und Autoren nicht im ORF-Theater live mit dabei sind, findet sie schade: „Es wird komisch sein, mir vor dem Fernseher meine eigene Lesung anzuschauen.“ Aber sie wird dafür zumindest dahin zurückkehren, wo für sie alles begann: Sie kommt für den Bachmann-Bewerb nach Klagenfurt, denn: „Ein bisschen Stimmung möchte ich schon mitbekommen.“

Zwei steirische Kandidaten

Nava Ebrahimi
Nava Ebrahimi © (c) APA/CLARA WILDBERGER (CLARA WILDBERGER)

Dass sie schon häufig als „Grazer Autorin“ bezeichnet wird, darüber kann Nava Ebrahimi, geboren 1978 in Teheran, schmunzeln. „Die Sache mit den Identitäten ist kompliziert“, sagt die Schriftstellerin, die seit 2012 an der Mur lebt, davor lange Jahre in Köln. Also müsste es eigentlich deutsch-österreichisch-iranische Autorin heißen. Ebrahimi präsentiert beim Bewerb einen in sich geschlossenen Text, der „sehr szenisch“ geraten ist. Was sie sich wünscht vom Bachmannpreis? „Diskussionen, die diesen Namen auch verdienen, und natürlich einen Preis.“ Nava Ebrahimi gibt aber auch zu, dass sie sich „verspätete Aufmerksamkeit“ für ihren letzten Roman „Das Paradies meines Nachbarn“ erhofft, denn dieses Buch ist in den Pandemie-Wellen leider untergegangen. Ihr Bezug zu Ingeborg Bachmann: „Ich habe sie spät entdeckt, war aber von ,Malina’ tief bewegt. Die Sprache, der Klang, das war neu für mich. Darauf muss man sich einlassen.“

Fritz Krenn
Fritz Krenn © Ferder

Fritz Krenn (63) aus Graz, wohnhaft in der Südwest-Steiermark, nimmt bereits zum zweiten Mal beim Bachmann-Bewerb teil. Das erste Mal, 1992, gewann er den 3Sat-Preis. Krenn hat bereits zahlreiche Romane, Erzählungen und Stücke veröffentlich, ist jedoch keinem Genre, keiner Schreibschule zuordenbar. Zu seinen großen Vorbildern zählen etwa Fernando Pessoa oder Franz Kafka. „Also Autoren, mit deren Biografien ich etwas anfangen kann.“ Denn ähnlich wie die beiden Weltautoren, hat auch Krenn neben seinem Künstlertum einen bürgerlichen Beruf. Er ist Bankbeamter. „Mein Leben ist so wunderschön, so großflächig“, sagt er. Die Erlebnisse aus diesem Leben fließen auch in sein Schreiben ein, werden vermengt mit Beobachtungen, Fantasie(n), Reflexionen; das Ergebnis ist ein vielstimmiger Chor. Krenn: „Jeder Mensch ist eine Novelle.“ Sein Beitrag beim Bewerb ist – wie passend – ein Kapitel aus dem Buch „Meine Lesungen“.

Weitere Österreicherinnen

Aus Österreich außerdem mit dabei: die vielseitige Salzburger Autorin Katharina Ferner (ein Porträt lesen Sie hier) sowie die in Neulengbach lebende Wienerin Magda Woitzuck, die sich als Hörspiel-Autorin einen Namen gemacht hat (ein Porträt lesen Sie hier).