"Der Literaturbetrieb ist unfassbar mühsam." LeanderFischer wirkt nachdenklich. Das wirkt er eigentlich immer. "Es gibt sehr viele, die schreiben wollen, aber nur sehr wenige gute Texte. Eine groteske Situation", sagt er. In Klagenfurt hatte der 26-Jährige erfolgreiche Gelegenheit, zumindest in eigener Sache den Gegenbeweis anzutreten.
Es ist ein schon länger fertiger Text, mit dem er sich bei dem Juryvorsitzenden Hubert Winkels erfolgreich um die Teilnahme am Wettlesen um den Bachmann-Preis beworben hat. Sein Dozent am Literaturinstitut der Universität Hildesheim brachte ihn auf die Idee, dass das doch eigentlich ein guter Text für Klagenfurt sein könnte. In Hildesheim studiert Fischer literarisches Schreiben. Mit seinen Kommilitonen war Binge Watching des Bachmann-Preises Selbstverständlichkeit. Fischer weiß also, was ihn erwartet. Und gibt sich im APA-Gespräch cool: "Wir sind an der Uni gewohnt, dass unsere Texte kritisiert und korrigiert werden."
LeanderFischer wurde in Vöcklabruck geboren, nicht eben der Nabel der Kulturwelt. Das Gymnasium besuchte er bei den Kreuzschwestern in Gmunden ("Wie Barbara Frischmuth!"), wo einem das Nicht-Tragen von Hausschuhen oder eine zu lose Zunge schlechte Verhaltensnoten eintrugen, wo er aber auch eine Professorin als Klassenvorstand hatte, die das literarische Talent ihres Schülers erkannte. Er sondierte die einschlägigen Ausbildungsstätten in Wien, Leipzig und Hildesheim. "Doch nach der oberösterreichischen Provinz wollte ich nicht gleich in die niedersächsische Provinz wechseln." Also legte er nach dem Zivildienst noch ein Jahr Berlin ein, wo er u.a. beim Internationalen Literaturfestival Berlin (und später bei Hanser Berlin) ein Praktikum absolvierte, ehe er nach Hildesheim ging. "Dort wusste ich schon am zweiten Tag: Das ist genau das, was ich machen möchte."
Unterstützung der Eltern
Dass er das auch konnte, verdankt er u.a. der Unterstützung seiner Eltern. "Sie wollten immer, dass ich das mache, was ich will und was mich glücklich macht." Der Vater sei Violonist und Musikschullehrer, die Mutter habe sich aus einem 800-Seelen-Dorf aus einer eher bildungsfernen Schichte hochgearbeitet und arbeite heute als Narkoseärztin. "Sie hat also erlebt, dass man den Kindern durchaus etwas zutrauen kann."
Auch LeanderFischer traut sich einiges zu. Er geht es aber eher bedächtig an. "Ich bin ein langsamer Schreiber. Ich lasse meine Texte lieber länger liegen und überarbeite sie später noch einmal." Mindestens vier seiner bisher veröffentlichten Texte könne er immerhin "noch immer unterschreiben". Es sind Texte, in denen Sprache und Rhythmus mehr Bedeutung haben als Handlung und Figurenzeichnung.
Immerhin ist nun einiges gereift. In Hildesheim hat er nur noch die Abschlussarbeit vor sich. Und ein Romanprojekt ist in der Endphase. "Es hat jetzt 965 Seiten. Da kommt aber sicher noch ein Viertel wieder raus." Der in Klagenfurt gelesene Text soll eine Ahnung davon geben. Und danach wird sich seine Literaturagentin Elisabeth Ruge versuchen, seinen Roman bei einem geeigneten Verlag zu platzieren. "Ich will gar nicht den größten Vorschuss haben, sondern den Lektor, der mit mir am besten am Text arbeiten kann", sagt LeanderFischer. Ob das Ergebnis mehrjähriger Arbeit entsprechende Resonanz finden wird, davon wird vermutlich mehr abhängen als von Lob oder Tadel in Klagenfurt. "Ich setze alles auf eine Karte", sagt LeanderFischer und lächelt entwaffnend: "Aber ich kann nichts anderes."
Wolfgang Huber-Lang