Anecken, provozieren, die selbstzufriedene geistige Ordnung attackieren: Dank Feridun Zaimoglu wird der Literat wieder zum intellektuellen Störenfried. Der 54-jährige Querdenker, der mit seinen Eltern als Baby aus der Türkei nach Deutschland ausgewandert ist, war stets unbequem. In den 90ern war er einer der Ersten, die in ihrer Literatur Bürger mit Migrationshintergrund zu Subjekten machten. Die sich nicht um linke oder rechte Diskurse scherten, sondern das leisteten, was Literatur im besten Fall leisten kann: Lebenswelten entdecken, sie verführerisch, kraftvoll beschreiben.
Mit dem Buch „Kanak Sprak“ befreite er das Idiom von Menschen mit Migrationshintergrund vom Makel des Inferioren. Gleichwohl der sprachversessene Zaimoglu vehement Deutschkurse für Migranten fordert. Gutmenschelnder Multikulti-Kitsch war nie seine Sache. Zaimoglu regte lieber auf. Der auch als Künstler arbeitende Autor hängte 2005 die Wiener Kunsthalle mit 400 türkischen Fahnen zu und nannte die Installation „Dritte Türkenbelagerung?“. Die FPÖ schäumte.
Anders als Navid Kermani, ein anderer bedeutender Intellektueller, für den „deutsch“ ein komplexerer Begriff ist, als Populisten und Neorechte weismachen wollen, ist Zaimoglu im Ton nicht verbindlich. Jüngst in der „Zeit“ sagte Zaimoglu viel Kluges, und auch: „Ich liebe meine deutsche Heimat.“ Es hatte überhaupt nichts Ironisches. Diese Worte kommen von einem, der rechte Agitatoren ebenso verachtet wie einen mittelalterlichen Islamismus. Heute hält Feridun Zaimoglu die Klagenfurter Rede zur Eröffnung des Bachmannpreises. Es wird eine harte Rede. Wir halten den Atem an.