Am 28. September wird Nadja Kayali die Intendanz des Carinthischen Sommers (CS) von ihrem Vorgänger Holger Bleck übernehmen. Die Wienerin mit syrischen Wurzeln, die mittlerweile ihren Wohnsitz nach Villach verlegt hat, hat sich im Auswahlverfahren gegen 53 Bewerberinnen und Bewerber durchgesetzt. Seit 2022 ist sie künstlerische Leiterin des Festivals Imago Dei in Krems, das sie auch im kommenden Jahr noch einmal verantworten wird.

Frau Kayali, sind Sie in Kärnten bereits gut angekommen?
NADJA KAYALI: Ja, ich fühle mich sehr wohl in Villach. Bevor ich mich beworben habe, habe ich für mich überlegt: Bin ich bereit, nach Kärnten zu übersiedeln? Als die diese Frage mit „Ja“ beantworten konnte, habe ich angefangen, an der Bewerbung zu arbeiten. Mittlerweile habe ich viele Menschen kennengelernt und an der syrischen Gemeinde angedockt. Ich werde jetzt ein Jahr hier sein, bevor der erste Carinthische Sommer losgeht und ich bin optimistisch, dass ich Menschen dazu bringen werde, in Konzerte zu gehen, die noch nie beim Festival waren.

Sie haben sich in der letzten Saison viel angeschaut. Wie gut haben Sie den CS kennengelernt?
Ausreichend, dass ich mir ein Bild davon machen konnte, was ich anders machen möchte.

Was wäre das?
Einmal alles, wir drücken den Reset-Knopf (lacht). Nein, ich möchte mich nicht abgrenzen, aber ich bin ein anderer Mensch mit anderen Vorstellungen. Ich habe mich viel damit auseinandergesetzt, was der Carinthische Sommer ist und wie wir es schaffen, eine Leichtigkeit, die aber trotzdem Tiefe hat, hineinzubringen. Ich finde, in schwierigen Zeiten hat die Kunst auch die fast spirituelle Aufgabe, die Seele zu nähren. Das kann man nur erreichen, wenn man das Herzblut hineinlegt. Ich habe eine genaue Vision, wie der CS ausschauen soll.

Und wie?
Unter anderem habe ich bereits Kontakte geknüpft zu den Kollegen von anderen Festivals im Land, es gibt da schon einen schönen Austausch. Ich habe mich gefreut, dass ich bei der heurigen Trigonale die Eröffnungsrede halten durfte. Wir wollen auch mit dem Ensemble Porcia oder den Festivals in Mallnitz und der Via Iulia Augusta enger zusammenarbeiten. Ich träume davon, dass wir Kärnten als Kulturbundesland ganz stark positionieren und das geht nur miteinander.

Sie haben im Vorfeld betont, dass der CS eine europäische Dimension bekommen soll. Wie kann das ausschauen?
Wir müssen den Blick auch nach außen lenken. Kärnten ist eine europäische Kulturregion im Schnittpunkt mehrerer Kulturen und Sprachen. Im ersten Jahr werden wir einen Schwerpunkt bei Portugal haben, weil das gar nicht nahe liegt (lacht). Für mich ist Portugal ein starker emotionaler Faktor.

Inwiefern?
Mein Mann ist halber Portugiese und mein Schwiegervater hat den Dichter Fernando Pessoa ins Deutsche übersetzt. Meinen Mann habe ich an Pessoas Geburtstag in Lissabon kennengelernt. Das heißt jetzt nicht, dass wir nur portugiesische Sachen spielen, aber es wird Themen geben, die es so in Österreich noch nicht zu sehen gab.

Sie setzen beim Festival Imago Dei stark auf Literatur. Wird das beim Carinthischen Sommer auch so sein?
Ja, denn ich sehe Kärnten ganz stark als Literaturland. Ich werde also literarische Auftragsarbeiten vergeben. Was ich von Imago Dei noch übernehmen möchte, sind die Morgenkonzerte, denn es hat etwas Besonderes, den Tag gemeinsam mit dem Publikum zu beginnen.

Im Kern bleibt der CS aber ein Klassik-Festival?
Ja, mit drei großen Orchesterkonzerten und einem Kammermusik-Schwerpunkt. Es soll auf jeden Fall ein Festival sein und keine Konzertreihe. Ein Festival hat einen inneren Zusammenhalt, der dramaturgische Bogen ist etwas, an dem ich noch herumtüftle. Ich habe jedenfalls entschieden, das Festival zu verdichten, auch zeitlich. Er wird künftig einen Monat dauern, im kommenden Jahr von 6. Juli bis 4. August. Und wir werden jeden Tag etwas anbieten.

Jeden Tag? Glauben Sie, das Publikum schafft das?
Ja, ich denke schon, es werden ja auch Leute für den CS nach Kärnten kommen. Dafür müssen wir mit dem Tourismus zusammenarbeiten, das ist ganz wichtig. Erste Kooperationen habe ich da schon angedacht.

Wird es eine Kirchenoper geben?
Das schaffen wir derzeit nicht, aber es gibt eine Parkoper.

Der CS bekommt 850.000 Euro an Förderung. Ist das genug?
Wenn Sie überlegen, dass man für jeden Spielort zahlen muss, für das Aufbauen, für das Team, für die Künstler, die ich unbedingt fair bezahlen will, dann sind 850.000 Euro schnell am Ende. Ich bin schon auf der Suche nach Sponsoren.

Sie sprechen die vielen Spielorte an. Werden Sie die beibehalten?
Nein, das Festival wird sich hauptsächlich auf Villach und Ossiach konzentrieren.

Sie haben bei Ihrer ersten Pressekonferenz auch gesagt, dass die Karten recht teuer sind ...
... ja, das ist für mich ein großes Thema. Ich halte nichts davon, Karten zu verschleudern, aber wir müssen eine günstigere Kategorie einführen und freien Eintritt für Kinder beziehungsweise günstige Karten für junge Leute an der Abendkassa.

Glauben Sie, dass junge Menschen zum CS kommen?
Warum denn nicht? Man muss nicht mit zwanzig Jahren in einem Streichquartett-Abend sitzen, auch bei mir hat sich die Liebe zur Kammermusik später entwickelt. Aber mein Abschlusskonzert ist etwas, wo man durchaus hingehen wird, mehr verrate ich noch nicht.

Werden Sie auch weiterhin für Ö 1 tätig sein?
Ja, aber ich werde nur mehr zweimal im Monat das „Pasticcio“ moderieren, einmal davon aus dem Landesstudio Kärnten. Ich möchte so auch die Kärnten-Präsenz auf Ö 1 heben.

Wo wird man Sie in Villach treffen können?
Ab dem 28. September in unserem Büro in der Lederergasse, aber auch in der Italienerstraße, beim Kaffee in der Röstbar oder beim portugiesischen Eissalon.