Für die Deutschen war sie eine Deutsche, für die Franzosen eine Französin und für die Österreicher eine Österreicherin: Romy Schneider gehörte allen und doch niemandem. Eine der charismatischsten Filmschauspielerinnen des vergangenen Jahrhunderts hätte am heutigen 23. September ihren 85. Geburtstag – wäre die Unverstandene nicht am 29. Mai 1982 mit nur 43 Jahren in Paris an Herzversagen gestorben.
Als ebenso liebreizende wie süßliche "Sissi" hatte Romy schon im Teenageralter Weltruhm erlangt – ein Bild, von dem sie sich zeitlebens zu emanzipieren versuchte. In Frankreich gelang ihr später der Wandel zur Charakterdarstellerin, doch zugleich blieb das private Leben der rätselhaft ätherisch-lasziven Schneider von Schicksalsschlägen gekennzeichnet.
Als Rosemarie Magdalena Albach wurde die Tochter des österreichischen Schauspielers Wolf Albach-Retty und seiner deutschen Ehefrau Magda Schneider am 23. September 1938 in Wien geboren. Nach der Scheidung ihrer Eltern 1945 wuchs sie im Haus ihrer Mutter im bayerischen Berchtesgaden auf. Gemeinsam mit Magda drehte sie auch 1953, kaum 15-jährig, ihren ersten Film "Wenn der weiße Flieder wieder blüht".
Daraufhin begann bereits die filmisch-royale Karriere des Teenagers, an der die erwachsene Romy noch lange zu leiden hatte. 1954 besetzte Regisseur Ernst Marischka sie als Prinzessin Viktoria von England in "Mädchenjahre einer Königin". Der weltweite Durchbruch kam allerdings mit jener Rolle, die im deutschen Sprachraum bis zum Schluss ihr Bild beim Publikum prägen sollte und gegen das sie zeitlebens anzukämpfen versuchte: als Kaiserin Elisabeth in Marischkas "Sissi"-Trilogie (1955–1957).
Die Revolte der eigensinnigen jungen Frau ohne Schauspielausbildung ließ hingegen nicht lange auf sich warten. Bei den Dreharbeiten zur Schnitzler-Verfilmung "Christine" (1958) verliebte sie sich in den jungen französischen Beau Alain Delon und ging mit ihm nach Paris – der Beginn einer leidenschaftlichen Romanze, welche die Schauspielerin nie ganz hinter sich lassen sollte. In den französischen Künstlerkreisen wurde sie schließlich auch mit dem italienischen Regisseur Luchino Visconti bekannt, der sie zum Schauspielunterricht brachte und sie mit "Boccaccio 70" erstmals auch als sinnliche Femme fatale inszenierte. Für ihren künstlerischen Counterpart schlüpfte sie schließlich in "Ludwig II" später sogar noch einmal in ihre verhasste Rolle als Kaiserin Elisabeth.
Auch wenn sie mit einigen Werken in Hollywood Fuß zu fassen versuchte – so etwa mit "Good Neighbour Sam" an der Seite von Jack Lemmon, in "What's new Pussycat?" neben Woody Allen und Peter Sellers oder unter Otto Preminger in "The Cardinal" – die große zweite Schauspielkarriere machte Romy Schneider in Frankreich. Das Land wurde der Aktrice zumindest zur zweiten, wenn nicht zur ersten Heimat. "Sie verkörpert den Traum, den alle Franzosen haben: Sie war eine Ausländerin, die wie eine Französin war", sollte Constantin Costa-Gavras später über sie sagen.
In den 1960ern und 70ern drehte sie dort Film auf Film. Renommierteste Regisseure wie Orson Welles ("Der Prozeß") oder Claude Sautet ("Die Dinge des Lebens") arbeiteten mit ihr. Endgültig zur Legende wurde sie jedoch mit dem Werk des eher unbekannten Jacques Deray: "Der Swimmingpool", wo sie an der Seite ihres Ex-Partners Delon die Kinogänger bezirzte und nach zwei Jahren als Hausfrau und Mutter in Berlin ihr Comeback feierte. Aber auch abseits von Delon spielte die Schneider an der Seite männlicher Starpartner wie Yves Montand, Richard Burton, Marcello Mastroianni oder Michel Piccoli, mit dem sie 1981 ihren letzten Film "Die Spaziergängerin von Sans-Souci" drehen sollte.
Klassiker wie "Die Dinge des Lebens" (1969), "Trio Infernal" (1974), "Gruppenbild mit Dame" (1976/77) nach Heinrich Böll oder "Die Bankiersfrau" (1980) wurden Erfolge auch an der Kinokasse. Mehrmals wurde die von den Franzosen Geliebte dafür geehrt, nicht zuletzt mit dem Cesar als erfolgreichste Darstellerin des Jahres, so etwa 1979 für Sautets "Eine einfache Geschichte".
So glücklich die Karriere von Romy Schneider auf den Kinoleinwänden letztlich verlief, so reich an Abstürzen war ihr Privatleben. Einer ersten Ehe mit dem deutschen Theatermann Harry Meyen entstammte der Sohn David. Nach der Scheidung 1975 zog Schneider endgültig mit dem Kind nach Frankreich, wo sie sich in die Arbeit stürzte und in nur zehn Monaten fünf Filme drehte. Der Selbstmord Meyens 1979 zählte jedoch zu den ersten großen Schicksalsschlägen der Schauspielerin.
Auch ihre zweite Ehe mit Daniel Biasini, mit dem sie die Tochter Sarah hatte, scheiterte. Im Mai 1981 musste die Schauspielerin sich nach jahrelangem Tablettenkonsum eine Niere entfernen lassen, und im Juli desselben Jahres verunglückte ihr 14-jähriger Sohn David tödlich. Nur wenige Monate später, am 29. Mai 1982, starb Romy Schneider in der Pariser Wohnung ihres damaligen Lebensgefährten Laurent Petin im Alter von 43 Jahren an Herzversagen. Seither hat das große Kinogesicht ein verlässliches Nachleben in der Kunst, kommen doch beinahe im Jahresabstand Dokumentationen oder Verfilmungen auf den Markt wie zuletzt der Berlinale-Starter "3 Tage in Quiberon", in dem Marie Bäumer Romy Schneider interpretierte. Die leidende Starke lässt die Menschen eben bis in unsere Tage nicht los.