Es gibt ein legendäres Video aus dem Jahr 1988, in dem die 23-jährige (und weitaus jünger aussehende) Björk Guðmundsdóttir einen Fernseher auseinandernimmt. Sie tut das vor der Kamera, weil ihr ein Dichter erklärt hat, dass die TV-Strahlen direkt ins Gehirn gehen und die Zuseher hypnotisieren. Sie ist neugierig, öffnet das Gerät, entdeckt im Inneren etwas, das sie an eine Stadt erinnert, für sie aber definitiv etwas wissenschaftlich Erklärbares ist. Ihre mit dem reizendsten isländischen Akzent vorgetragene Conclusio, "You shouldn’t let poets lie to you", ist so zauberhaft und so entzaubernd, so seltsam und wahrhaftig und schlichtweg so Björk, dass der Satz längst auf T-Shirts und Buttons gelandet ist.
1988 hatte Björk schon elf Jahre lang im Musikgeschäft hinter sich, war schon Mutter ihres ersten von zwei Kindern und gerade am Sprung, auch international bekannt zu werden. In Island war sie ein Kinderstar gewesen, als Teenager tourte sie später mit ihrer Punkband durch Großbritannien und Deutschland. 1986 gründete sie die Sugarcubes, deren erster Song "Birthday" zum Indie-Hit wurde. Mit den Sugarcubes war Björk im November 1989 übrigens auch in Graz (Orpheum) aufgetreten - just am selben Abend, als Nirvana im Grazer Club Pi gastierten.
Es war also alles andere als ein Debüt, als Björk 1993 ihr erstes Soloalbum "Debut" veröffentlichte. Sie hatte dafür in London mit Nellee Hooper, einem der einflussreichsten Produzenten der Trip-Hop-Ära, zusammengearbeitet. Gleich für das Video zur ersten Single, "Human Behaviour", zeichnete Michel Gondry verantwortlich. Das Video lief in Dauerrotation auf MTV, Björk wurde zum Superstar, der bislang weltweit mehr als 20 Millionen Alben verkauft hat. Bis heute zieht sich durch ihr bisweilen sehr avantgardistisches Werk, das zwölf Soloalben - zuletzt "Fossora", 2022 - umfasst, die Kollaboration mit den einigen der spannendsten Kunstschaffenden der Welt. Nicht nur musikalisch: Für ihre Hauptrolle in Lars von Triers "Dancer in the Dark" soll sie sich emotional völlig verausgabt haben.
Am Dienstag gastiert Björk in der praktisch ausverkauften Wiener Stadthalle, es ist das erste Österreich-Konzert der Isländerin seit 25 Jahren.