Mit seinen beiden großen Zyklen "Die Archive des Schweigens" und "Orkus", an denen er 32 Jahre lang gearbeitet hatte, nahm der im Vorjahr verstorbene Schriftsteller Gerhard Roth monumentale, akribische, zuweilen manische Land-, Zeiten- und Menschenvermessungen vor.
Der Band "Orkus. Reise zu den Toten", ist der Schlussstein dieses einzigartigen Werkes, in dem das Leben des Autors mit dem Dasein seiner Figuren auf faszinierende Weise verschmilzt. Das Buch spannt noch einmal einen weiten Bogen über diese Schriftstellerexistenz, die geprägt war von der immerwährenden Suche des Menschen nach dem Paradies und der Erkenntnis, dass die Hölle auf Erden zu finden ist.
Leben war für Gerhard Roth das Schreiben. Schreiben war für ihn das Leben. Der Tod, dem er bis zum letzten Atemzug schreibend entgegensah, hat seinen Stachel verloren. Dem Buch ist ein Zitat von Arthur Schopenhauer vorangestellt. Der Orkus sei "also nicht nur der Nehmende, sondern auch der Gebende und der Tod das große Reservoir des Lebens ... aus dem Orkus kommt alles, und dort ist schon jedes gewesen, das jetzt Leben hat".
Im nächsten Jahr erscheint übrigens Gerhard Roths letztes Buch, das Fragment bleiben musste. Es trägt den Titel "Jenseitsreise".
Buchtipp: Gerhard Roth. Orkus. Reise zu den Toten.
S. Fischer, 672 Seiten, 25,90 Euro.