Es ist mehr als bezeichnend, dass ein Berichterstatter aus ihrer Vorlesung über „Kosmische Physik“ die „Kosmetische Physik“ machte: Lise Meitner war eine begnadete Physikerin, sie war ihrer Zeit weit voraus, doch als Frau lebte sie zur falschen Zeit am falschen Ort.

Als 1878 in Wien geborene Frau und Jüdin hatte sie nicht die besten Karten. 1906 wurde sie in Wien in Physik promoviert, als eine der ersten Frauen. Nach ihrer Promotion bewarb sie sich bei Marie Curie in Paris, erfolglos. Von 1912 bis 1915 wurde sie (inoffizielle) Assistentin bei Max Planck am Institut für theoretische Physik der Universität Berlin. Hier begegnete sie Otto Hahn, mit dem sie über Jahrzehnte die Radioaktivität erforschte. Sie wurden Freunde und entdeckten gemeinsam 1938 die Kernspaltung – den Nobelpreis für Physik erhielt Otto Hahn später dafür allerdings allein. Und Lise Meitner war zu zurückhaltend und bescheiden, um sich öffentlich zu beschweren, ihre Freundschaft zu Otto Hahn kühlte jedoch deutlich ab.

Lise Meitner und Otto Hahn

Seit 1993 gibt es sogar einen Begriff dafür, wenn der Beitrag von Frauen in der Wissenschaft verdrängt oder verleugnet wird: der Matilda-Effekt. Postuliert hat den Begriff die Wissenschaftshistorikerin Margaret W. Rossiter. Benannt ist er nach der amerikanischen Frauenrechtlerin Matilda Joslyn Gage, die dieses Phänomen Ende des 19. Jahrhunderts erstmals allgemein beschrieben hatte. Die Wissenschaftsgeschichte ist eindeutig patriarchal geprägt.

Für die Entdeckung der DNA Doppelhelix wurden die forschenden Männer mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Dabei waren es die Daten der Biochemikerin Rosalind Franklin, die die DNA-Struktur bestätigten.

Rosalind Franklin
Rosalind Franklin © imago images/Historical Views

Am King’s College London erhielt Rosalind Franklin mithilfe der Röntgenkristallografie Bilder von DNA. Das Bild „#51“, das die Doppelhelix-Struktur der DNA belegt, gilt als bahnbrechend. Ihre Forschung trug entscheidend dazu bei, die Struktur des Erbguts zu entschlüsseln. Den Nobelpreis dafür bekamen im Jahr 1962 aber nur James Watson, Francis Crick und Franklins Kollege am King’s College, Maurice Wilkins - dieser hatte Franklins Daten hinterrücks an Watson und Crick weitergeleitet. Rosalind Franklin, die einige Jahre vor der Nobelpreisverleihung mit nur 37 Jahren an Eierstockkrebs verstorben war, erwähnten die Laureaten noch nicht einmal in ihrer Nobelpreis-Dankesrede.

Eine der schönsten Wissenschafterinnen, die es jemals gab, ist die in Österreich geborene Hollywoodschauspielerin und Erfinderin Hedwig Eva Maria Kiesler, besser bekannt als Hedy Lamarr. Sie erfand gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil für die Alliierten 1942 eine neuartige Funk-Fernsteuerung für Torpedos. Dabei verteilte sich das Steuerungssignal über mehrere Frequenzen selbsttätig und war so vor Störungen gesichert. Dieses „frequency-hopping“ wird auch in der modernen Mobilfunktechnologie angewendet. Ihr Patent für ein Frequenzsprungsystem findet noch heute im Bereich von Bluetooth und WLAN Anwendung. Obwohl Lamarr und ihr Forscherkollege George Antheil nie Geld für ihre Entwicklung sahen, da das Patent bereits abgelaufen war, als die Technologie eingesetzt wurde, bekamen sie zum Ende ihres Lebens zumindest Anerkennung und Hedy Lamarr ist bis heute als „Lady Bluetooth“ bekannt.

Die Amerikanerin Marion Donovan, die sich in ihrer Kindheit und Jugend mehr in der Werkstatt des Vaters aufhielt als im Haus, wurde anfangs mit ihren Ideen nicht ernst genommen.

Marion Donovan
Marion Donovan © imago images/Historical Views

Letztlich revolutionierte die Mutter und Architektin die Babypflegeindustrie mit ihrem Vorläufer der Wegwerfwindel. Das Mega-Geschäft damit machte ein paar Jahre später allerdings Victor Mills mit seinen Pampers.

Die Forscherin, die den Kampf um Anerkennung in einer von Männern dominierten Wissenschaftswelt definitiv gewann, ist Marie Curie. Die Physikerin und Chemikerin ist die einzige Frau, die zwei Nobelpreise erhielt. Aber auch sie war nicht vor Häme gefeit: Als sie 1921 in den USA weilte, schrieb ein Journalist der New York Times, dass es auch in Zukunft mehr Männer als Frauen in der Wissenschaft geben würde, da es Letzteren an der Fähigkeit fehle, Fakten abstrakt zu sehen.