Die Blumenkinder sind wieder da. Make love, net wohr? Die Brillen sind rosarot, die Federboas meist pink, die Blumenkränze kunterbunt. Der Herr mit dem schwarzen Pink-Floyd-Leiberl bleibt die düstere Ausnahme. Ansonsten: Es leuchtet und glitzert in den Gesichtern der Fans, und auf den T-Shirts ist meist dieser Spruch zu lesen: "Treat people with kindness" – Behandelt Menschen mit Freundlichkeit.
Harry Styles ist in der Stadt. Mit ihm nicht nur der Pop-Superstar der Stunde, sondern auch der zeitgeistige Empathie-Maximalist, der Lifestyle-Influencer, die Mode-Ikone, der Schauspieler, die Regenbogen-Ikone; jener Mann, der immer wieder betont, dass jeder Mensch endlich so sein darf, wie er immer schon sein wollte. Vom One-Direction-Teeniestar zur gehypten Galionsfigur der Queer-Bewegung. Und seitens des Publikums kollektiver Eskapismus? Schon möglich, aber Schattenseiten gibt es wahrlich genug – und Harry Styles hat bei seinem umjubelten Konzert im Happel-Stadion einmal mehr die Sonne aufgehen lassen.
Die Briten-Band Wet Leg hat den Abend frech-forsch einbegleitet; dann, punkt 21 Uhr, hat er die Bühne geentert. Relativ unspektakulär. Ein giftgrünes, glitzerndes Irgendetwas hat Styles getragen, sich bereits beim zweiten Song die Gitarre umgeschnallt. So, als wollte er sagen: Leute, es geht auch um die Musik! Die Band im Hintergrund machte mächtig Druck. Eine eigentlich recht konventionelle Pop-Show folgt. Eine riesige Vidi-Wall mit vielen bunten Bildern, das schon, aber ansonsten erstaunlich wenig Bling-Bling.
Der Regenbogen auf dem Laufsteg
Der wahre Star bei Styles-Konzerten ist ohnehin das Publikum – und das weiß Styles. Pop war und ist immer mehr als Musik. Pop ist Gemeinschaft, Gesinnung, Schwingung, Übereinkunft. Und das Besondere an diesem Star ist das glaubhaft vermittelte Gefühl des Respekts, des Miteinanders, der – Achtung, großes Wort – der Liebe füreinander. Dass er dann im Laufe des Abends mit einer Regenbogenfahne über den Laufsteg läuft, wirkt nicht aufgesetzt. Genauso wenig wie die Coming-out-Plaudereien mit dem Publikum. Kitschig gesagt: Harry Styles wird so geliebt, weil er seinen Fans glaubhaft das Gefühl vermittelt, sie zu lieben, zu schätzen, zu achten.
Songs der drei Solo-Alben stehen naturgemäß im Mittelpunkt des knapp zweistündigen Konzertes. "Musik for a Sushi Restaurant", "Golden", "Adore You", "Late Night Talking", "Watermelon Sugar" und natürlich "As it was" als Zugaben. Die Musik selbst? Cool, luftig, lässig, tanzbar, melodienselig, aber im Prinzip Durchschnittsware.
"If you are feeling down/I just wanna make you happier, baby". Eine Textzeile - und Style'sche Pop-Philosphie. Rund 60.000 Menschen im Happel-Stadtion haben dazu gesungen, getanzt, geträumt, sich angenommen und wertgeschätzt gefühlt. So, wie sie sind. Schön!
Die Blumenkinder sind wieder da. Und die Blumen des Bösen hat Gärtner Styles gestutzt. Zumindest zwei Stunden lang. Sie werden wieder nachwachsen. Aber das ist eine andere Geschichte.