Auch Brad Pitt zählt zu seinen Fans: Der Hollywoodstar hat den Konzertfilm „Tripping with Nils Frahm“ koproduziert, während der deutsche Pianist und Komponist Musik zum Pitt-Film „Ad Astra“ beigesteuert hat. Der in Berlin lebende Hamburger Nils Frahm ist mit seiner Musik zu einer Kultfigur geworden. Und das beste Beispiel dafür, dass es tatsächlich noch Musik geben kann, die man trotz größter Bemühung nicht in eine Schublade quetschen kann. Die üblich gewordene Etikettierung als Neoklassiker gefällt ihm überhaupt nicht, wie Frahm im Gespräch mit der Kleinen Zeitung bestätigt. Obwohl seine Musik von der Minimal Music eines Steve Reich oder Philipp Glass inspiriert ist, hinterließen der Jazz (etwa Keith Jarrett) und Elektronik sowie Ambient ebenso große Spuren in seiner Musik, in denen all diese Einflüsse zu einer sehr individuellen Sprache verschmelzen. Wie man das von einem Künstler erwarten könnte, der zugleich für Duke Ellington, Ornette Coleman, Rahsaan Roland Kirk, Massive Attack und Aphex Twin schwärmt.

Dass der im Berliner Funkhaus aufgenommene Konzertfilm „Tripping“ heißt, ist kein Zufall: Frahms Musik hat zwar formal wenig mit Psychedelik zu tun, aber sie evoziert etwas Ähnliches: Man wird von ihr auf eine Reise geschickt. „Das erzählen mir Zuhörer tatsächlich oft“, sagt Frahm. Offenbar sind seine Sounds dazu geeignet, sich darin zu verlieren. Erzeugt werden sie mit Equipment, das die klanglichen Möglichkeiten des Klaviers erweitert: Synthesizer, Mellotron, Effektgeräte, elektrische Klaviere ... Frahms Arsenal ist wohlgefüllt.

Trotz dieses Aufwands möchte sich Frahm nicht hinter der Technik verstecken. Das Erfüllende sei gerade dieses Livespielen: „Es gibt Künstler, die ihr Computer-Programm starten und das Konzert simulieren, das wäre nichts für mich.“ Ob solche Soloauftritte nicht dennoch auch eine Belastung seien, weil es kein Sicherheitsnetz gibt? „Wenn man merkt, dass etwas nicht gut läuft, muss man etwas riskieren, das holt einen aus dem Loch heraus.“

Mit Graz verbindet Frahm eine eigentümliche Geschichte: Im Jahr 2021 erschien ein mit „Graz“ betiteltes Album. Die Musik hatte er 2009 an der Grazer Kunstuniversität eingespielt, als Teil der Dissertation „Conversations for Piano and Room“ des Doktoranden Thomas Geiger. Dass der damals noch ziemlich unbekannte, junge Musiker Frahm gebeten worden war, an den Aufnahmen in Graz teilzunehmen, war auch fürs Selbstvertrauen gut.

Die Arbeit erhielt einen Preis, aber jener Teil der Aufnahmen, die Frahm am Flügel gemacht hatte, blieb unter Verschluss. Bis zum 29. März 2021 – das Datum ist kein Zufall. Der 88. Tag des Jahres (ein Klavier hat 88 Tasten) wird als „Piano Day“ begangen. Der von Frahm gegründete Aktionstag ist auf viel Resonanz gestoßen und wird mittlerweile jährlich rund um den Globus gefeiert.elevate.at