Nachdem Vorwürfe gegen Rammstein bzw. konkret gegen deren Sänger Till Lindemann laut geworden sind, hat sich am Dienstagnachmittag erstmals der Veranstalter der beiden ausverkauften Konzerte der Band in Wien (26. und 27. Juli, Ernst-Happel-Stadion) zu Wort gemeldet. In einem Statement von Arcadia Live heißt es, man erwarte für die knapp 110.000 Besucherinnen und Besucher "spektakuläre, aber vor allem auch friedliche und sichere Shows". Das Statement wurde "in Absprache mit zwei weiteren Co-Veranstaltern" verfasst.
"Arbeiten seit Jahren mit ,Safe Spaces'"
Die Band habe für durchgehend alle Shows seit mehr als drei Wochen und für den Rest der Tour ausgeschlossen, den Bereich unmittelbar vor der Bühne für Gäste zu öffnen - "dies trifft auch auf die Shows in Wien zu". Der Veranstalter wies außerdem "ausdrücklich" darauf hin, dass es seit Jahren "Safe Spaces" bei seinen Shows gebe: "Wir arbeiten ausschließlich mit geschultem Sicherheitspersonal und sind im engen Austausch mit Behörden und Sicherheitskräften, um die Sicherheit unserer Besucherinnen und Besucher auf einem sehr hohen Qualitätsstandard zu gewährleisten. Dafür werden für jede Veranstaltung zugeschnittene Sicherheitskonzepte etabliert, die inhaltlich selbstverständlich auch auf Sensibilisierung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Themen wie Awareness und Erste Hilfe abzielen." Die bisherigen Shows der laufenden Tour fanden jedenfalls statt – selbst wenn in München und Bern kleinere Demonstrationen stattfanden.
Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft im litauischen Vilnius nach Berichten über Vorwürfe des sexuellen Übergriffs gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann keine Ermittlungen einleiten wird, da "keine objektiven Tatsachenbeweise" ermittelt werden konnten. Nun gaben Lindemanns Anwälte bekannt, ein eigenes rechtsmedizinisches Gutachten beauftragt zu haben, das zum selben Ergebnis kommt.
Konkret geht es um Aussagen der Nordirin Shelby Lynn, die in sozialen Medien den Vorwurf erhob, dass sie im Umfeld des Auftakts zur Europatournee am 22. Mai in Vilnius womöglich von Lindemann betäubt und verletzt worden sein könnte. Man habe in diesem Zusammenhang das Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln mit einer Analyse der von Lynn veröffentlichten Bilder und Videos beauftragt, heißt es nun von den Lindemann-Anwälten in einer Aussendung.
Nötigung oder Vergewaltigung "nicht ausgeschlossen"
"Insgesamt sprechen Morphologie und Lokalisation der dokumentierten Verletzungen eher für ein akzidentielles Geschehen, ohne dass eine Fremdeinwirkung von vornherein allein anhand der Befunde völlig ausgeschlossen werden kann. Typisch für eine Fremdeinwirkung sind die Befunde aus rechtsmedizinischer Sicht indes nicht", wird dabei aus dem Gutachten zitiert: "Zwar kann auch hier allein anhand der Verletzungsbefunde eine sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung nicht ausgeschlossen werden. Umgekehrt fanden sich aber auch keine Hinweise auf eine sexualisierte Gewalt."
In Folge von Lynn hatten mehrere Frauen – teilweise anonym – Vorwürfe gegen Lindemann erhoben. Die Frauen schilderten Situationen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur Aftershowparty kommen wollen. Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Nach den Berichten hatte die Staatsanwaltschaft Berlin ein Ermittlungsverfahren gegen den Rammstein-Frontmann eingeleitet. Die entsprechenden Anzeigen stammten allerdings nicht von vermeintlichen Opfern, sondern von unbeteiligten Dritten, die sich dabei auf Medienberichte und Vorwürfe in den sozialen Netzwerken stützten, so die Lindemann-Anwälte nach Akteneinsicht. Auch hier lägen bis dato keine objektiven Beweismittel vor, die für eine Tatbegehung Lindemanns sprächen.