Schauspieler Peter Simonischek ist in der Nacht auf Dienstag nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben, wie aus Familienkreisen bekannt geworden ist.
Mit "Toni Erdmann" auf die große Weltbühne
Seine große Popularität beim Publikum verdankte der am 6. August 1946 geborene Grazer nicht zuletzt seiner frappanten Fähigkeit, in verschiedenste Charakterfächer zu schlüpfen und sich diese ganz zu eigen zu machen. So ist etwa seine Interpretation eines Pariser Lebemannes an der Seite von Udo Samel in Klaus Michael Grübers Wiederentdeckung des Labiche-Stücks "Die Affäre Rue de Lourcine" an der Berliner Schaubühne legendär. Zugleich bleibt er als Herr des Salzburger Domplatzes unvergessen, wo Simonischek 2002 bis 2009 eine Rekordzahl prägnanter Auftritte als "Jedermann" absolvierte. Und schließlich trat er 2016 mit der Dramödie "Toni Erdmann" noch im reiferen Alter ins Rampenlicht des Weltkinos.
Diese eindrucksvolle Karriere nahm ihren Ausgang in der österreichischen Provinz, wuchs der junge Peter Simonischek nach der Geburt in Graz doch in Markt Hartmannsdorf auf und ging im Konvikt St. Paul im Lavanttal in die Schule. Nach einigen Diskussionen über die Berufswahl mit dem Vater besuchte Simonischek danach schließlich die Akademie für Musik und darstellende Künste in Graz.
Nach Auftritten am Schauspielhaus der steirischen Landeshauptstadt ging es über St. Gallen, Bern, Darmstadt und Düsseldorf schließlich nach Berlin, wo Peter Simonischek ab 1979 für 20 Jahre lang dem Ensemble der Schaubühne angehörte. Dort wurde er zum Star und arbeitete mit Peter Stein, Luc Bondy oder Andrea Breth zusammen. Dennoch riss auch in dieser Zeit die Verbindung zu Österreich nicht ab, war Simonischek doch etwa wiederholt auch bei den Salzburger Festspielen zu erleben, so etwa in Handkes "Prometheus, gefesselt" und in Tschechows "Kirschgarten".
Seine Antrittsrolle am Burgtheater, der John Gabriel Borkman, war nicht nur ein Neuanfang am neuen Haus mit Beginn der Direktion Klaus Bachler 1999. Es war gleichzeitig auch die Rückkehr in die Heimat. Seither war Simonischek nicht nur Ensemblemitglied des Hauses am Ring, sondern seit 2019 auch dessen Ehrenmitglied. Er spielte auf der legendären Bühne viel, von Nestroy und Tschechow über Thomas Bernhard und Edward Albee bis hin zum selbstverliebten Frauenhelden Gustav Heink in Hermann Bahrs "Das Konzert" oder den todkranken Professor in der Adaption von Sally Potters "The Party". Nicht unpassend erscheint da der Titel seiner 2007 erschienenen und erstaunlich freimütigen Erinnerungen: "Ich stehe zur Verfügung."
Simonischek, der seit 1989 mit seiner Kollegin Brigitte Karner verheiratet war und mit Max Simonischek einen ebenfalls erfolgreich schauspielernden Sohn in der Beziehung mit Charlotte Schwab zeugte, hatte das gestandene Mannsbild ebenso im Repertoire wie den großgewordenen Buben, dem noch immer der Schalk im Nacken sitzt, verkörpert durch sein charakteristisches Lächeln. Für die TV-Verfilmungen der Daniel-Käfer-Romane Alfred Komareks bediente er sich bei dieser sympathischen Bubenhaftigkeit, in der Verfilmung des Robert-Schindel-Romans "Gebürtig" machte er aus dem nach New York ausgewanderten KZ-Häftling Hermann Gebirtig eine eindrucksvolle Zentralfigur.
Eine große Altersrolle als Dirigent vor dem Ruhestand neben Senta Berger brachte ihm "An seiner Seite" von Felix Karolus oder im Kino auch Götz Spielmanns "Oktober November" 2013. Den Höhepunkt von Simonischeks Kinokarriere bedeutete jedoch Maren Ades gefeierte Dramödie "Toni Erdmann", in der er mit falschen Zähnen und Perücke verzweifelt um die Liebe seiner von Sandra Hüller gespielten Tochter kämpft. Dieser Part brachte ihm unter anderem die Hauptdarstellertrophäe beim Europäischen Filmpreis ein.
Zuletzt stellte Peter Simonischek noch persönlich seinen letzten Film "Der vermessene Mensch" von Regisseur Lars Kraume vor, in dem er einen Ethnologen am Ende des 19. Jahrhunderts spielt. "Etwas Belangloses zu machen, auch wenn es ganz schöne Rollen sind, da ist es schade um die Zeit, wenn man so alt ist wie ich", begründete Simonischek im Februar gegenüber der APA seine Entscheidung, wählerisch zu sein.