Hubert Patterer, Kleine Zeitung
Die Regierung nimmt mit dem Gesetz fahrlässig das Gegenteil in Kauf: Es festigt die Asymmetrie und Übermacht eines Einzelakteurs, des ORF, und raubt den Privaten jedwede Chance, in der digitalen Transformation bestehen zu können.
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Florian Asamer, "Die Presse"
Aus Sicht der privaten Verlage zementiert und vergrößert die neue gesetzliche Grundlage die finanzielle Überlegenheit des ORF, schafft dadurch ein Beinahemonopol und nimmt für Pluralität und Demokratie unverzichtbaren Alternativangeboten die ökonomische Luft zum Atmen. (...)
Dazu kommen beim ORF weitere rund 300 Millionen an Werbeeinnahmen, die durch Popcorn-Radio und Mainstream-Unterhaltung von der Tanzshow bis "Soko Sowieso" auf öffentlich-rechtlichen Kanälen mit den rot-weiß-roten Augen abgeräumt werden. Damit bekommt der ORF zehnmal so viel öffentliches Geld wie alle Privaten zusammen.
Martin Kotynek, "Der Standard"
Heute, am Internationalen Tag der Pressefreiheit, bleiben die Titelseiten der Tageszeitungen Österreichs weiß. Es ist ein Aufschrei der Redaktionen, dass die privaten Medien in Österreich massiv bedroht sind. Bedroht von einer Medienpolitik von ÖVP und Grünen, die unabhängigen Journalismus aus privatwirtschaftlich organisierten Verlagen gegenüber dem ORF noch weiter benachteiligen will. (...)
Der winzige österreichische Medienmarkt ist per Design als schiefe Ebene gestaltet: Mit intransparenten Regierungsinseraten wird der Markt zugunsten des Boulevards verzerrt, erratisch vergebene Förderungen gehen an teils absurde Projekte, und der ORF betreibt mit der "blauen Seite" Österreichs mit Abstand größte Nachrichtenseite.
Marco Witting, Matthias Krapf, "Tiroler Tageszeitung"
Türkis-Grün hat sich festgelegt: Zuerst kommt der ORF und dann lange nichts. Es fällt schwer, die nun in Begutachtung befindliche Novelle des ORF-Gesetzes als etwas anderes zu lesen als das, was sie ist: die in den Parteizentralen von ÖVP und Grünen ausgeheckte Strategie, die Dominanz des mit Abstand größten Medienkonzerns des Landes noch weiter auszubauen. Nach der Devise: Warum sich mit Zeitungen sowie Radio- und Fernsehstationen in privater Hand herumärgern, wenn man dank Stiftungsrat und Co. die Geschicke der größten Medienorgel des Landes lenken kann?
Susanne Dickstein, "Oberösterreichische Nachrichten"
Die tektonischen Verschiebungen in der Medienlandschaft sind auch bei uns spürbar, nicht nur wegen der seit Tagen diskutierten ORF-Reform. Dass die Politik den öffentlich-rechtlichen Rundfunk finanziell absichert, ist richtig. Dass sie dem Staatsunternehmen mehr Möglichkeiten einräumt, privaten Medienhäusern Konkurrenz zu machen, heizt einen unfairen Wettbewerb unnötig an. Die Chance wurde verspielt, den ORF aus dem Nahumfeld der Politik zu lösen. Gleichzeitig wird versucht, private Medienunternehmen enger an das Gängelband staatlicher Presseförderungen zu legen. Gesundes, profitables Wachstum als Voraussetzung für unabhängigen Journalismus wird erschwert.
Manfred Perterer, "Salzburger Nachrichten"
Die Vielfalt einer freien Medienlandschaft ist in Österreich gefährdet. Es gibt nur noch elf Bezahl-Tageszeitungen. Zum Vergleich: In der Schweiz gibt es mehr als 30, in Schweden mehr als 100. Die wirtschaftliche Austrocknung der freien Presse ist ein Weg, um unliebsame Kontrolle durch unabhängige und unerschrockene Journalistinnen und Journalisten zurückzudrängen. Dabei sind unabhängige Medien die Basis für jede Demokratie.
Martina Salomon, "Kurier"
Digitale Werbegelder fließen vor allem an US-Giganten wie Google und Facebook, die dafür in Österreich praktisch nichts investieren müssen. Logischerweise müssen private Verlagshäuser im Netz Geld verdienen (und Abogebühr verlangen). Doch das ist hierzulande besonders schwierig, weil der ORF mit einer gebührenfinanzierten Nachrichtenseite, für die er auch noch Werbung verkaufen darf, in Konkurrenz zu den österreichischen Zeitungen steht. Das ist in anderen demokratischen Ländern unüblich. Die deutschen Sender ARD und ZDF betreiben lediglich eine Homepage. Jetzt wird der ORF um unser aller Geld auch noch das führende Nachrichtenportal für Videos.
Anna Thalhammer, "Profil"
Medien- und Meinungsvielfalt sorgen für einen gesunden politischen Diskurs, für Toleranz – und, ja, Bildung. Dass Schwarz-Grün die vierte Säule mit solchen Gesetzen derart beschneidet – und vor allem die kleinen, in der Erhaltung teuren Qualitätsmedien, weiter ins Eck zu drängen (oder gleich abzuschaffen) versucht, ist demokratiepolitisch höchst alarmierend. Ein Blick in die Medienlandschaft Europas zeigt: Dort wo die Öffentlich-Rechtlichen einen klaren Auftrag mit klaren Grenzen haben, besteht Medienvielfalt. Da, wo das nicht so ist, gibt es eine Übermacht des Öffentlich-Rechtlichen und einiger großer Boulevardmedien. Der Rest vegetiert in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vor sich hin.
Klaus Herrmann, "Kronen Zeitung"
(Die weiße Titelseite) ist ein lauter gemeinsamer Protest am Tag der Pressefreiheit. Weil mit der von der Regierung geplanten Novelle zum ORF-Gesetz der Staatsfunk samt Haushaltsabgabe auf Dauer abgesichert wird – während die Luft für die Zeitungsverlage immer dünner wird, darf sich doch das im Staatseinfluss stehende "öffentlich-rechtliche" Medium wie eine Krake noch immer weiter ausbreiten.
Gerold Riedmann, "Vorarlberger Nachrichten"
Die Reform legt den Grundstein, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk so übermächtig auszugestalten, dass zukünftiges Überleben für die meisten Medien in dieser Republik verunmöglicht wird.
Christian Nusser, "Heute"
Vielleicht haben Sie sich gewundert, warum "Heute" mit einer weißen Titelseite erscheint. Der Großteil der Tageszeitungen nutzt den heutigen Tag der Pressefreiheit, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen. Wir wollen veranschaulichen, wie Österreichs Medienzukunft aussehen könnte – überall gähnende Leere. Letzte Woche wurde von der Bundesregierung das neue ORF-Gesetz in Begutachtung geschickt. Es sorgt ab 2024 dafür, dass an der "größten Medienorgel des Landes" neue, hübsche Pfeifen montiert werden können. Der ORF bekommt mehr Geld, darf mehr. Es besteht die reale Gefahr, dass diese Medienorgel die Privatverlage aus der Medienlandschaft bläst.