18 Jahre nach dem letzten Gastspiel in Wien ist Avril Lavigne am Donnerstag im Rahmen der "Love Sux"-Tour in die Stadt zurückgekehrt. Nicht wie 2005 in den Gasometer, sondern sogar in die Stadthalle vor 13.000 Fans. Geändert hat sich gegenüber damals, abgesehen von neuen Songs, wenig: Das Konzert war kurz und bisweilen heruntergespult, der Stimmung tat das keinen Abbruch. Zumindest Hits wie "Sk8ter Boi" und ein Cover von "Wannabe" der Spice Girls wurden der Popparty gerecht.
Eigentlich sollte die Kanadierin vor vier Jahren ihr damaliges Album "Head above Water", das ihre Zeit während einer schweren Krankheit zum Thema hat, in Wien live vorstellen. Pandemiebedingt verschob sich dieser Auftritt jedoch, bis schließlich ein weiteres Studiowerk erschien. Nun also hieß das Motto dem Albumtitel entsprechend "Love Sux". Und weil Lavigne mit ihren aktuellen Liedern stilistisch an ihren Karrierestart erinnert, brummten und glühten die Boxen auf der Bühne stilgerecht zu Joan Jetts "Bad Reputation" als Intro zur Show.
Von "Bite Me" bis "Complicated"
Ein grelles Licht – dann stand die 38-Jährige wie hingezaubert da, frenetisch bejubelt, wie einst mit 18 mit Kapuzenjacke, klobigen Boots und Netzstrümpfen. Der Opener "Bite Me" klang, dem Outfit würdig, ebenso wie das nachfolgende "What the Hell" recht jugendlich kräftig, "Here's to Never Growing Up", der dritte Song, schien daher ein passender Titel zu sein. Der Evergreen "Complicated" machte trotz des grundlegenden etwas blechernen Sounds Freude, das Publikum erwies sich (wiederholt an diesem Abend) gesangsfest.
Doch statt gleich den nächsten Gassenhauer nachzuschieben, verschwand Lavigne für ein paar Minuten von der Bühne, während die Band ein fades Instrumentalstück herunterleierte und die Dynamik verpuffte. Das sollte sich später mit dem Zwischenspiel "Hello Kitty" wiederholen. Wenn ein Popstar "Songs aus allen sieben Alben" großspurig ankündigt, darf man sich schon fragen, warum es die Darbietung auf nicht einmal 90 Minuten bringt und von den 17 Stücken auf der Setlist zwei ohne Gesang auskommen. Oder warum nach 20 Jahren Karriere nicht alle 14 eigenen Songs davon die Qualität der Powerballade "My Happy Ending" haben.
Popnostalgie der 2000er-Jahre
Lavigne gab sich durchaus nahbar, ging für Selfies in den Fotograben, setze sich bei "Love Sux" an das Schlagzeug und holte Fans auf die Bühne, um mit ihrer Freundin Phem, die das Vorprogramm bestreiten durfte, ein launiges "Wannabe" zu intonieren. Es flogen Ballons, Luftschlangen und Konfetti im Laufe des mit Playback unterstützten Programms, das zwischen Blutleere und Emotion ("I'm with You" etwa als letzte Zugabe) schwankte. Man kann gut drauf sein bei Lavigne, wenn man bereit ist, in Popnostalgie der 2000er-Jahre zu schwelgen und die Erwartungen in Sachen Substanz herunterzuschrauben. Fazit: Es war kurz und kurzweilig, nicht weniger und schon gar nicht mehr.