Die Vorstellung, einer Situation oder einem Problem ohnmächtig gegenüberzustehen, ist zum Massenphänomen geworden. Von einem "Public Feeling" spricht auch Robin Klengel, einer der Co-Leiter des Forum Stadtpark. Wie geht man mit solchen Ohnmachtsgefühlen um? Ist das Festkleben auf einer Straße als verzweifelte Form des Klimaprotestes nicht auch als Versuch zu werten? Kann man nicht die Flucht in Verschwörungsmythen als Reaktion auf Ohnmachtsgefühle deuten? Und sind Führerfiguren so verführerisch, weil sie das Versprechen geben, aus der Ohnmacht herauszuführen? Fragen, die das Forum-Leitungsteam (neben Klengel Miriam Schmid und Markus Gönitzer) bei der Präsentation des Jahresthemas aufgeworfen hat, weil die "Luft vor lauter Ohnmacht schwer geworden" sei.

Ob es früher zwar genauso viele Machtlose, aber viel weniger Ohnmächtige gegeben hat, ist eine andere faszinierende Frage, die man selbst hinzufügen möchte. Oder die, ob denn nicht die Gesellschaft, die heute aus lauter erschöpfen Ichs besteht, eine Folge dieser Ohnmachtsgefühle ist. Letztlich gilt ein nicht behandeltes Ohnmachtsempfinden als hervorragende Grundlage für depressive Erkrankungen. Es gibt aber noch Dutzende andere Gründe, das Forum Stadtpark zur "Festung Ohnmacht" auszurufen: Wie auch im letzten Jahr setzt das Mehrspartenhaus seinem vielfältigen Programm damit einen diskursiven Rahmen.

Bezogen wird die Festung Ohnmacht Mitte April mit einer großen Diskurs-Veranstaltung. Die Konferenz für Ohnmacht mündet in eine Party, bei der auch Brezel Göring (Ex-Stereo Total) vorbeischaut.

Eine Vortragsreihe zum Thema "Ohnmacht begegnen" und eine Sonderausgabe der Literaturzeitschrift "manuskripte" zählen ebenso zum Schwerpunkt wie die Ausstellung "Reelreelreelreal", die die Rolle der Technik für die Überwindung bzw. die Ursache von Ohnmachtsgefühlen beleuchtet. Schluss ist im November unter dem Titel "No Hope – No Fear", wo man sich unter anderem der "Solastagie" hingeben kann, der vorausschauenden Trauer auf Dinge, die demnächst verloren sein werden. Etwa Korallenriffe oder Gletscher. Das kann man dann auch in einem "linken Prepper-Keller" machen oder bei einer Partie "Tarot der Ohnmacht". Man sieht, das Forum begegnet den multiplen Krisen der Gegenwart mit einem genreübergreifenden Ansatz, den Miriam Schmid ohnehin als entscheidenden Modus Operandi für das Forum sieht.

Visuell ist das Jahresthema aber schon vor April erkennbar. Die Linzer Künstlerin Sarah Maria Schmidt alias Haras Ananas liefert das ganze Jahr über gezeichnete "Ohnmachtsfantasien", deren Vorboten in aller Buntheit von der Außenmauer des Forum prangen. Dass Kunst den guten Umgang mit Ohnmacht lehrt, ist ja evident. Denn gerade Kunst verwandelt uns ja alle in Ohnmächtige: Man steht ihren Wundern und Schönheiten machtlos gegenüber. Sie beherrscht und bewegt uns, und wir dürfen uns den Wonnen dieser erlesenen Ohnmacht hingeben. Sicher demnächst auch im Forum Stadtpark.