Die künftige ORF-Finanzierung steht. Die GIS-Gebühr ist, wie die Kleine Zeitung schon berichtet hat, Geschichte, an ihre Stelle rückt eine Haushaltsabgabe, wie es sie in den Nachbarländern Schweiz oder Deutschland bereits seit Jahren gibt. Für ORF-Seher bedeutet die neue Finanzierungsform eine Verbilligung: Wie der "Kurier" berichtet, soll der künftige Betrag 16,50 Euro pro Monat bedeuten. Aus Regierungskreisen wird dieser konkrete Betrag dementiert, die Größenordnung stimme aber, heißt es auf Nachfrage. Für Menschen mit geringem Einkommen soll es eine soziale Abfederung geben. Aktuell beträgt die GIS 18,59 Euro monatlich.

*Ergänzung um 14.30 Uhr: Das Büro von Medienministerin Susanne Raab dementiert in einer Aussendung eine Einigung, die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner hätten noch nicht begonnen. Einmal mehr betont die Ministerin einen "substanziellen ORF-Rabatt": "Die Österreicherinnen und Österreicher, die den ORF finanzieren, sollen weniger zahlen als bisher. Vor diesem Hintergrund kann ich mir einen ORF-Beitrag pro Haushalt vorstellen."

Medienministerin Susanne Raab
Medienministerin Susanne Raab © APA

Massives Sparpaket notwendig

In der vergangenen Woche hatte Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) den ORF-Generaldirektor Roland Weißmann über die Regierungspläne informiert. Am Montag wird Weißmann die Ergebnisse dieser Gespräche im ORF-Finanzausschuss präsentieren. Auf den ORF dürfte ein massives Sparpaket zukommen. 300 Millionen Euro sollen es laut "Kurier" bis 2026 sein. Der Betrag stimmt ziemlich genau mit jenen 325 Millionen ein, die dem ORF bis 2026 fehlen sollen. Diesen Fehlbetrag hatte Weißmann im Herbst genannt und vor einem finanziellen Fiasko gewarnt.

Laut der Finanzvorschau, die Weißmann damals dem Stiftungsrat vorgelegt hatte, geht sich 2023 noch eine ausgeglichene Bilanz aus, 2024 fehlen 70 Millionen Euro und in den beiden Folgejahren jeweils rund 130 Millionen Euro. Der ORF-Generaldirektor warnte damals, der ORF stünde vor "einer der größten Finanzierungskrisen in seiner Geschichte". Die nun bekannt gewordene medienpolitische Weichenstellung durch die Bundesregierung bringt den ORF endgültig in die Bredouille. Ohne Personalabbau und Eingriffe in das Angebot wird diese Größenordnung nicht zu stemmen sein.

Nicht angefasst wird von der Bundesregierung jener Anteil, der an die Bundesländer geht, wo dieser unter anderem für Musikschulen und Kulturförderung eingesetzt wird. Weil dieser Betrag variiert, müssen GIS-Zahler in der Steiermark aktuell 28,65 Euro zahlen und jene in Oberösterreich und Vorarlberg nur 22,45 Euro.

Letztes Wort hat Brüssel

Notwendig wurden neue Rahmenbedingungen für die ORF-Finanzierung durch ein Entscheid des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach auch die Streamingnutzung von ORF-Angeboten künftig kostenpflichtig sein muss. Bisher konnten ausschließliche Streamingnutzer die ORF-Angebote kostenlos nutzen. Spannend ist ein anderer Punkt, den das Höchstgericht formulierte: Demnach brauche der ORF eine "Finanzierungsgarantie".

Damit sich die komplizierte Umsetzung der neuen ORF-Finanzierung rechtzeitig umsetzen lässt, muss der parlamentarische Prozess noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden. Das letzte Wort hat die EU-Kommission, die die Neuregelung beihilfenrechtlich prüfen muss.

ORF hält sich zurück, Kritik von der Opposition

Der ORF wollte gegenüber der APA die Berichte vor dem
Sonderfinanzausschuss des Stiftungsrats am Montag nicht
kommentieren, hielt aber fest: "Grundsätzlich wäre eine
Haushaltsabgabe eine nachhaltige Lösung für die Finanzierung des ORF
und eine Digitalnovelle würde die gesetzlichen Grundlagen für die
digitale Weiterentwicklung des ORF sicherstellen." Mit Verweis auf
stark gestiegene Kosten wurde betont, dass der ORF gezwungen sei,
seinen strikten Spar- und Restrukturierungskurs der vergangenen
Jahre "in jedem Fall" fortzusetzen. Entsprechende Maßnahmen werden
am Montag diskutiert und in den kommenden Wochen und Monaten
ausgearbeitet.

Der ORF-Stiftungsratsvorsitzende Lothar Lockl wollte gegenüber
der APA ebenfalls keine Stellungnahme zu den aktuellen Plänen
abgeben. Im Vorfeld hatte er jedoch betont, dass der ORF seit Jahren
spare und auch weiterhin auf Sparsamkeit bzw. Effizienz achten
werde. Irgendwann gehe das aber an die Substanz, womit das Programm
und letztlich das Publikum betroffen wären. Die Kernfrage an die
Politik lautet laut Lockl, ob man den ORF stärken und ihm auch in
Zukunft ermöglichen möchte, sein Publikum zu erreichen oder man ihn
schwächen und damit die Konkurrenz in Form von internationalen
Giganten wie Youtube oder Facebook stärken wolle. Er hoffe sehr,
dass die Politik eine nachhaltige Finanzierung des ORF sicherstellt,
teilte er in der Vorwoche mit.

Auch Thomas Zach, Leiter des gewichtigen ÖVP-"Freundeskreises" im
ORF-Stiftungsrat, äußerte sich auf APA-Anfrage nicht zu den Plänen.
Er wolle zunächst den Bericht des ORF-Generaldirektors am Montag
abwarten.

Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-"Freundeskreises", hielt auf
APA-Anfrage fest, dass sich offenbar das "Spardiktat der
türkis-grünen Regierung zulasten von Künstlern, Filmschaffenden und
Sportbegeisterten" durchgesetzt habe. Er selbst habe stets vor der
Aushöhlung des öffentlich-rechtlichen Auftrags gewarnt und befürchte
dramatische Kürzungen, die etwa auch die Landesstudios und damit die
regionalen Bedürfnisse betreffen könnten. Man stehe nun am Beginn
einer "harten Auseinandersetzung um den ORF". Man werde gegen das
Sparpaket auftreten, kündigte Lederer an.

Für die SPÖ sei entscheidend, dass jedes neue Finanzierungsmodell
die Unabhängigkeit des ORF sichere und sozial verträglich sei,
kommentierte SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried die Berichte. "Die
Frage ist, ob es etwa bei der angedachten Haushaltsabgabe eine
soziale Staffelung gibt und wie Unternehmen einbezogen werden."
Völlig offen sei zudem, was die offenbar geplanten Kürzungen für den
öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF bedeuten. Die NEOS indes
mahnten Reformschritte beim ORF ein, die über eine mögliche
Haushaltsabgabe und Einsparungspläne hinaus gingen. "Die Menschen
haben ein Recht auf einen unabhängigen, entpolitisierten ORF. Dafür
braucht es aber tiefgreifende Reformen, die weit über die
Finanzierungsfrage hinausgehen", so Mediensprecherin Henrike
Brandstötter.

Die FPÖ kritisierte die kolportierte Haushaltsabgabe, jeder würde
damit eine "Zwangsgebühr" zahlen, auch wenn es im Haushalt weder
Radio, TV oder Internet gebe. Der ORF brauche keine höheren
Einnahmen, sondern müsse "endlich" mit dem Sparen beginnen und zu
einem modernen Medienunternehmen gemacht werden, "ohne
Zwangsgebühren, ohne parteipolitischen Einfluss und ohne
Privilegien". Auch die Bundesjugendvertretung (BJV) sprach sich in
einer Aussendung gegen eine Haushaltsabgabe aus. Für die jüngere
Generation sei vor allem das Internet und nicht das lineare
Fernsehangebot des ORF die wichtigste Informationsquelle.

Sport Austria fürchtet Ende von ORF Sport+

Unterdessen warnte am Freitag Sport-Austria-Präsident Hans Niessl
in einer Aussendung von einer möglichen Einstellung von ORF Sport +
im Zuge von Einsparungsplänen. "Dagegen wird der österreichische
Sport mit allen Mitteln ankämpfen! Ich habe deshalb die Einberufung
einer außerordentlichen Präsidiumssitzung für Donnerstag veranlasst,
um die weitere Vorgangsweise festzulegen." ORF Sport + sei für die
Aufrechterhaltung der Vielfalt der österreichischen Sportkultur von
großer Bedeutung.