Die Jurybegründung für die 1959 in Wien geborene Tiesel ist eindeutig: "Sie gibt sich hin. Nicht nur ihrer Sehnsucht nach Intimität, als einsame Wiener Sextouristin Teresa in Ulrich Seidls 'Paradies: Liebe'. Damit ist sie, so spät wie verdient, zu einem Star des österreichischen Films geworden. Aber egal, ob in Hauptrollen, großen oder kleinen Nebenrollen – sie ist in vielen Kinofilmen seit vielen Jahren die Ingredienz, die den einen wesentlichen Unterschied macht: durch ihre Kunst, plakative genauso wie komplexe Charaktere glaubwürdig zu zeichnen, durch enormes darstellerisches Hingabevermögen und schauspielerische Großzügigkeit."

In einem ersten Statement strichen Ute Baumhackl, Michou Friesz, Christian Konrad, Marvin Kren und Valerie Pachner des Weiteren besonders Tiesels Qualität hervor, im Rampenlicht des Abseits zu glänzen: "Oft und immer wieder neu gibt sie den an den Rand Gestellten, den zu kurz Gekommenen, den Traurigen und Verletzten Präsenz und Würde, Komplexität, Emotionalität und Humor. So sorgt Margarethe Tiesel, nicht selten als One-Woman-Show, für weibliche Vielfalt im deutschsprachigen Kino – vom Nordrand bis ins Hinterland, von Harald Sicheritz bis Fatih Akin."

Tiesel debütierte 1984 auf der Leinwand. Neben ihren Filmrollen ist sie häufig auf österreichischen Bühnen zu sehen, seit 1994 auch als regelmäßiger Gast am Schauspielhaus Graz. 2019 war sie ebendort auch Teil der von der Diagonale koproduzierten Inszenierung von August Strindbergs "Fräulein Julie" durch den Theater- und Filmregisseur Ludwig Wüst.

Ihr Schauspielstudium absolvierte sie von 1981 bis 1983 am Mozarteum in Salzburg. Beim Österreichischen Filmpreis 2013 wurde sie als beste Hauptdarstellerin in Ulrich Seidls "Paradies: Liebe" ausgezeichnet. Die Vergabe des Großen Diagonale-Schauspielpreises 2023 an Margarethe Tiesel erfolgt im Rahmen der festlichen Eröffnung der Diagonale am 21. März in der Grazer Helmut-List-Halle.

Seit 2008 wurden mit dem Großen Schauspielpreis der Diagonale Josef Hader, Klaus Maria Brandauer, Senta Berger, Johannes Silberschneider, Maria Hofstätter, Georg Friedrich, Tobias Moretti, Erni Mangold, Johannes Krisch, Ingrid Burkhard, Birgit Minichmayr, Ursula Strauss, Christine Ostermayer und Branko Samarovski ausgezeichnet. 1998 hatte Roland Düringer den Schauspielpreis, der damals noch nicht das Attribut "Groß" hatte, erhalten.

Neue Kinofilme mit ihr scharren in den Startlöchern: Ab nächsten Freitag steht Tiesel in einer einprägsamen Mini-Rolle als liebestolle Frau in "Griechenland" nebst Thomas Stipsits, Claudia Kottal, Andreas Vitasek, Erwin Steinhauer und Mona Seefried zu sehen. Und ab 3. März brilliert die Grazerin im umwerfenden Liebesfilm im Wiener U-Bahn-Netz "Sterne unter der Stadt" von Chris Raiber als fantasievolle Großmutter von Thomas Prenn, der sich wider seinen Willen in Verena Altenberger verliebt.