„I’m the guy with no shirt who rocks.“ Kurz und knackig wie viele seiner Songs sind die Statements von Iggy Pop zu seinem neuen Album „Every Loser“, das den Verlierer nur im Titel trägt, denn mit diesen elf neuen Songs steht der Godfather of Punk eindeutig auf der Gewinnerseite und schafft einmal mehr das Kunststück, „alte Musik“ abzuliefern, die gleichzeitig neu und auf der Höhe der Zeit klingt, ohne sich dem Neuen auch nur im Entferntesten anzubiedern.

Nach dem ruhigen, ambient-jazzigen Vorgänger „Free“ nimmt sich Jim Osterberg die Freiheit, diesmal wieder ein wütendes, keifendes Punk-Album von der Leine zu lassen. Dass Andrew Watt, der schon für New-Generation-Pop-Stars wie Miley Cyrus oder Justin Bieber gearbeitet hat, dieses Album produzierte, zeigt, dass Iggy Pop keinerlei Berührungsängste hat. Muss er auch nicht: Denn was auch immer diese alterslose Kultfigur angreift, am Ende des Tages ist das Resultat eine Pop-Platte mit der DNA des Punk – Letzteres nicht nur als Musikrichtung, sondern als Lebenshaltung gemeint.

„Frenzy“, der Opener des Albums, ist ein straighter Garagen-Rocker, mit „Strung Out Johnny“ folgt ein New-Wave-Hadern mit markanten Keyboardriffs. Textlich geht es darin um jene Substanzen, mit denen sich der frühere Stooges-Berserker nur allzu gut auskennt; doch seit 20 Jahren sei er clean, so Pop in Interviews. Den einen oder anderen Joint reiht der Mann mit der Lederhaut und dem unverwechselbaren, noch immer unfassbar coolen Brummel-Bariton als lässliche Sünde ein.

„Every Loser“ ist ein Album, das nichts beweisen muss und deshalb alles darf – und kann. „New Atlantis“ und „Morning Show“ gehen als lässige Balladen durch, „Modern Day Ripoff“ und „New Punk“ wiederum sind räudige Rocker, von Andrew Watt auch entsprechend rau produziert, während andere Songs – der einzige Wermutstropfen – eine Spur zu glattgebügelt daherkommen.

Doch die kleinen Schwachpunkte gleicht Pop mühelos aus: durch Charisma, Präsenz und eine Authentizität, die stets mit feiner Selbstironie garniert ist. So gerät „Every Loser“ zur Reise in die eigene Vergangenheit, ohne zur nostalgischen Butterfahrt zu verkommen. In eine Vergangenheit, die ab 1969 mit den drei legendären Platten von The Stooges schnell Fahrt aufnahm – und ebenso schnell zur Fahrt in den Abgrund wurde. Freund und Mentor David Bowie wurde zum Lebensretter des drogenverseuchten Pop, brachte ihn ins damalige West-Berlin und nahm dort mit ihm 1977 die Comeback-Alben „The Idiot“ und „Lust for Life“ auf.

Diese Lust am Leben ist auf „Every Loser“ hör- und spürbar. „Ich bin rasend, du verdammter Mistkerl“, singt Pop im Song „Frenzy“. Und dann schmunzelt er, dieser coole Mistkerl ohne Shirt – und rockt los.

© Warner