Zwei bleiben: Der US-Autor Jordan Crane schafft in „Zwei bleiben“ ein vielschichtiges und lange nachhallendes Porträt zweier Beziehungen – einer realen sowie einer fiktiven.


Eine junge Frau und ihr Partner kommen nach Hause und erfahren vom Tod eines Hundes. In einem zweiten Anruf erfahren die beiden, dass der „Bruder von Tims Mitbewohner“ an Leukämie gestorben ist. „Sterben nicht immer drei Leute auf einmal?“, fragt er. „Berühmte Leute“, antwortet sie. Aber der Hund sei ja schließlich kein Mensch. Was bis dahin als konventionelle Graphic Novel durchgeht, verändert sich in einen Malstrom der Möglichkeiten. Das Paar liest in einem Buch die Geschichte eines anderen Paares, das ein Kind erwartet. Das Kind stirbt jedoch bei der Geburt. In eindringlichen, in grün-weiß gehaltenen Bildern entfaltet sich eine Geschichte des Verlustes. Das Baby, weiß gezeichnet, begleitet das Paar forthin durch ihren in Auflösung befindlichen Alltag – als wäre Charlie (das Baby) ein Geist. Realität und Fiktion verschwimmen von einem Kästchen ins nächste und es entblättert sich eine Geschichte des „was wäre wenn?“: Man tritt vor die Tür und wird von einem Auto angefahren, erstochen, überfallen. Alles ist möglich bei Crane, der eine berührende Geschichte erzählt, die oft wortlos, tief in den Schmerz, die Trauer und den Verlust zweier Paare eindringt, die sich letztendlich lieben und zwei bleiben.

Madeleine, die Widerständige: Dominique Bertail ist ein großartiger Zeichner. Und die von J D Morvan erzählte Geschichte der französischen Widerstandskämpferin gegen die Nazis, Madeleine Riffaud, ist heuer zurecht mit dem „Prix René Goscinny“ für das beste Szenario ausgezeichnet worden: Die noch lebende Dichterin und Journalistin hat Morvan ihre Geschichte erzählt – wie sie eine furchtlose Frau wurde, den Einmarsch der Nazis in Frankreich erlebte und in den Widerstand ging. Poetische Graphic Novel und Manifest des Mutes.

Morvan/Riffaud/Bertail. Madeleine, die Widerständige. 1. Band von 3. Avant-Verlag, 114 Seiten, 29,90 Euro
Morvan/Riffaud/Bertail. Madeleine, die Widerständige. 1. Band von 3. Avant-Verlag, 114 Seiten, 29,90 Euro © Avant-Verlag

Scheiblettenkind: Die deutsche Comic-Zeichnerin Eva Müller schafft in ihrer autofiktionalen Erzählung nicht nur ein Mögliches Bild ihrer Selbst, sondern erzählt nebenbei deutsche Alltagsgeschichte der letzten 40 Jahre. Zwar ist der von Müller gewählte Zeichenstil in seiner Statik etwas blass und zu wenig schwungvoll, dennoch gelingt der Autorin es, ein Gefühl für die Zeit und das Leben des „Scheiblettenkindes“ zu vermitteln: Ein junges Mädchen, das aus einer Arbeiterfamilie stammt und an ihrer Herkunft, ihrer „Klasse“, zu hadern hat.

E. Müller. Scheiblettenkind. Suhrkamp, 279 S, 28,80 Euro
E. Müller. Scheiblettenkind. Suhrkamp, 279 S, 28,80 Euro © Suhrkamp

Nowhere Girl: „Nowhere Girl“ der Französin Magali le Huche ist eine der vielen, starken Frauen- und Mädchen-Geschichten dieses Jahres. In der Graphic Novel lässt le Huche uns an ihrer Biografie teilhaben: Als Elfjährige wurde sie von einer so großen Schulangst befallen, dass sie zu Hause bleiben musste. Ihr erster Schwarm war Jesus, darauf folgten Christopher Lambert, McGyver und schließlich die „Beatles“. Anfang der 1990er Jahre werden die „Fab Four“ ein Rettungsanker für Magali, die langsam und in ausdrucksstarken Bildern Kraft schöpft – mithilfe der „Beatles“.

M. le Huche. Nowhere Girl. Reprodukt, 113 S, 24,70 Euro
M. le Huche. Nowhere Girl. Reprodukt, 113 S, 24,70 Euro © Reprodukt