Müsste man die hollywoodreife Rochade bei Walt Disney in einer Filmkritik einordnen, würde man von einem überraschenden Twist im Drehbuch schreiben. Und von keinem Happy End für Bob Chapek. Der war erst seit 2020 CEO, sein Vertrag eigentlich unlängst bis 2024 verlängert worden.
Schnitt und Neustart. Nach 15 Jahren an der Spitze kehrt Bob Iger in den Chefsessel retour. Für zwei Jahre soll der charismatische 71-Jährige, der 2020 an Bob Chapek übergab, die Talfahrt des Unterhaltungskonzerns beenden. Chapek sei, so die knappe Mitteilung, von seinem Posten zurückgetreten, eine Begründung blieb aus. "Ich bin hocherfreut, dass mich der Verwaltungsrat gefragt hat, als CEO zurückzukehren", wird Iger in US-Medien zitiert.
Der gebürtige New Yorker gilt als Designer des heutigen Mauskonzerns. In seiner Ära kaufte Walt Disney das Animationsstudio Pixar, den Comic-Spezialisten Marvel, das Medienunternehmen 21st Century Fox sowie Lucasfilm, jene Firma, der u.a. die Rechte an "Star Wars" gehören. Iger weitete den Radius und eröffnete u. a. den ersten Themenpark in China. Zugleich bereitete er den Streaming-Einstieg vor.
Der Wechsel an der Spitze fällt in eine schwierige Phase: Pandemie, Energiekrise, Inflation. Ein Konsumrückgang wird erwartet und er trifft eine Branche, die von Freizeitparks und Streaming lebt. Zwar zählen die drei Disney-Dienste zusammen mittlerweile mehr Abonnentinnen und Abonnenten als Netflix, aber die Verluste waren zuletzt immens. Im letzten Quartal betrug das operative Minus in der Streaming-Sparte umgerechnet 1,42 Milliarden Euro. Mehr noch: Im jüngsten Quartal verfehlte der Gesamtkonzern mit umgerechnet rund 157 Millionen Dollar Gewinn die Erwartungen der Börse. Für die Anlegenden dürfte der vierfache Familienvater, der zuletzt viel Zeit auf seiner Jacht im Ionischen Meer verbrachte, die ideale Wahl sein: Im vorbörslichen Handel ging die Aktie um über zehn Prozent nach oben.