Auch heute, 38 Jahre nach seinem Tod, ist der Mythos Oskar Werner ungebrochen. Die Schauspiellegende ist als charismatischer Bühnenberserker ebenso in Erinnerung wie als rebellischer Künstler und schwieriger Mensch. Früher Ruhm, hohe Sensibilität und ein letztendliches Scheitern am Leben prägten die Vita des Künstlers mit dem markanten Timbre. Am 13. November jährt sich der Geburtstag des Wieners zum 100. Mal. Und es wird gefeiert.

Schon seit März ehrt das Metro Kinokulturhaus in Wien das 1984 verstorbene Schauspielgenie mit einer großen Ausstellung unter dem Titel "Mythos Mensch Kunst". Neben der noch bis Jänner zu sehenden Schau begeht man den Geburtstag am 13. November mit einem ganzen Oskar-Werner-Tag. Zum Auftakt gibt es ein Filmfrühstück mit dem "Narrenschiff" gefolgt von Spezialführungen durch die Schau, während im Pleskow-Saal TV-Aufzeichnungen aus dem Theater an der Wien mit Werner laufen, bevor Nikolaus Habjans Puppenhommage an die Legende zu erleben ist. Und zum Abschluss gibt es dann die neue Dokumentation "Who is Oskar Werner?" von Werners Sohn Felix als Premiere.

Mensch und Mythos

Eine neue Dokumentation hat auch der ORF zu bieten, der am 13. November in ORF 2 Siegfried Steinlechners "Oskar Werner - Mensch und Mythos" ab 23.05 Uhr zeigt. Im Anschluss gibt es ab 23.45 Uhr ebenfalls das "Narrenschiff" zu sehen, während Werner als Mozart in "Reich mir die Hand mein Leben" bereits tags zuvor um 9.30 Uhr zu sehen ist. Den Auftakt der Feierlichkeiten in ORF 2 macht indes am 11. November die Columbo-Folge "Playback" mit Oskar Werner als Mörder Harold Van Wyck.

Auch Ö1 reiht sich mit vier Sendungen in den Reigen ein. Am Donnerstag (10. November) ist Werner in den "Radiogeschichten" um 11.05 Uhr mit Rilke zu hören, am Samstag (12. November) in den "Hörbildern", die ab 9.05 Uhr das charakteristische Organ des Jubilars mit "Die Stimme des Oskar W." feiern. Um 14 Uhr folgt ein "Hörspiel" mit Büchners "Leonce und Lena" aus 1958 mit Werner als Leonce, und am eigentlichen Geburtstag, dem 13. November, beschließt ab 8.15 Uhr "Du holde Kunst" die Würdigungen. Hier liest Oskar Werner Gedichte von Heinrich Heine.

Damit enden die Ehrungen für Oskar Josef Bschließmayer, wie der früh schauspielinteressierte Bub bei seiner Geburt am 13. November 1922 in Wien hieß. Nach der frühen Scheidung der Eltern, wuchs der kleine Oskar bei seiner Mutter auf. Mit 19 Jahren kam Bschließmayer ans Burgtheater, ohne je Schauspielunterricht genossen zu haben. Den Vornamen seines Idols Werner Krauß machte er zum neuen (amtlichen) Nachnamen und begann eine "klassische" Karriere. Prädestiniert durch seine jungenhaft-fragile Erscheinung spielte er Don Carlos, Torquato Tasso und Hamlet eindringlich, mit suggestiver Körpersprache und unverwechselbarer Stimme. Den Zenit erreichte Werner hier in den 50er-Jahren. Mehr und mehr entwickelte er sich zu einem Verkünder des "wahren Theaters". Das neu entstehende Theater der Regierevolutionäre widersprach Werners Überzeugung, denn in Anlehnung an Max Reinhardt beharrte er auf der Vorherrschaft des Schauspielers und des Ensembles.

Kompromisslosigkeit

Auch in Hollywood behielt er seine Kompromisslosigkeit bei. Die internationale Filmwelt war auf Werner aufmerksam geworden, als er 1948 in "Der Engel mit der Posaune" von Karl Hartl mitgewirkt hatte. "Entscheidung im Morgengrauen" (1951) brachte ihm Ruhm von Publikum und Kritik ein. Sogar seinen Handabdruck hinterließ er am Hollywood Boulevard. Den Sieben-Jahres-Vertrag mit der 20th Century Fox brach Werner, da er mit den angebotenen Rollen nicht einverstanden war.

Eine neue Doku würdigt den charismatischen Bühnenstar
Eine neue Doku würdigt den charismatischen Bühnenstar © ORF

Zurück in Europa ließ sich er sich dann unweit der alten Heimat, in Tresen, Liechtenstein, nieder. Eine europäische Filmkarriere begann: 1955 spielte er in Georg Wilhelm Pabsts Film "Der letzte Akt" und in Franz Antels "Spionage" nach einem Drehbuch Alexander Lernet-Holenias. Es folgte Max Ophüls' "Lola Montez". 1961 begann Werners Zusammenarbeit mit Francois Truffaut, welcher die Filme "Jules et Jim" und "Fahrenheit 451" (1966) entstammen.

Den Höhepunkt seiner gesamten Karriere erreichte er mit der Darstellung des Schiffsarztes Dr. Schumann in Stanley Kramers "Das Narrenschiff" (1964). Damit wurde er nicht nur für den Oscar nominiert, sondern auch mit dem New York Film Critics-Award ausgezeichnet. Im britischen Thriller "Der Spion, der aus der Kälte kam" (1965) spielte Werner neben Richard Burton. 1976 stand er das letzte Mal in Stuart Rosenbergs Flüchtlingsfilm "Voyage of the Damned" vor der Kamera. Die wirklich große Filmkarriere scheiterte jedoch an Werners Ansprüchen, die ihn zahlreiche Angebote ablehnen ließen - und am Alkohol.

So überschattete die alkoholgeschwängerte Endphase des Lebens Hand in Hand mit Depressionen, gescheiterten Projekten und einem Debakel mit seinem Wachau-Festival 1983 die letzten Jahre des Künstlers. Auf der Vorbereitung für eine Lesetournee durch Deutschland versagte Osker Werner das Herz am 23. Oktober 1984 in Marburg an der Lahn.