Wegen einer Bemerkung über religiöse Bildungseinrichtungen hat gegen die türkische Popsängerin Gülsen in Istanbul ein Prozess begonnen. Eine gegen sie verhängte Ausreisesperre wurde nicht aufgehoben. In der Anklageschrift wird Gülsen unter anderem Volksverhetzung vorgeworfen. Der Künstlerin drohen demnach bis zu drei Jahre Haft.
Die Vorwürfe stehen in Zusammenhang mit Äußerungen auf einem Konzert im April. Dort hatte die Sängerin gesagt, die "Perversität" eines Bandkollegen sei auf dessen Zeit an einer Imam-Hatip-Schule zurückzuführen - Gülsen sagte, sie habe nur gescherzt. Imam-Hatip-Schulen sind staatliche Bildungseinrichtungen, die einen Schwerpunkt auf religiöse Ausbildung legen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan etwa war Schüler einer solchen Schule.
Ihr Anwalt Emek Emre bezeichnete die Entscheidung des Richters, die Ausreisesperre nicht aufzuheben, als "unrechtmäßig" und kündigte an, gegen sie vorgehen zu wollen. Mehrere Personen, überwiegend Absolventinnen und Absolventen der Imam-Hatip-Schule, waren beim Istanbuler Gericht als Kläger geladen. Sie drückten ihre Empörung und Bedauern über die Aussage der Künstlerin aus. Viele betonten, dass sie sich verletzt fühlten und machten Gülsen den Vorwurf, die Gesellschaft zu spalten. Der Prozess wird am 21. Dezember fortgesetzt.