Im Zuge einer Repatriierungszeremonie im Naturhistorischen Museum (NHM) wurden heute, Dienstag, die Gebeine von Angehörigen der neuseeländischen Māori und Moriori zurückgegeben. Diese gelangten durch Handel, Tausch und als Geschenke in die osteologische Sammlung des Museums. Forschungen des neuseeländischen Nationalmuseums und des NHM zufolge, dürften diese unerlaubt ausgegraben worden sein.
Im 19. Jahrhundert gelangten die Überreste von Kindern, Jugendlichen, Männern und Frauen der Völker der Māori und Moriori von Aotearoa (die Māori-Bezeichnung für Neuseeland, Anm.) und Rēkohu – vulgo Chathaminseln – ins NHM in Wien. Die Chatham Islands liegen südöstlich der neuseeländischen Nordinsel. Die Inselgruppe war über Jahrhunderte von den Moriori besiedelt, ehe sie Mitte des 19. Jahrhunderts von Māori-Stämmen angegriffen wurden.
Neue Herkunftsforschungen legen nahe, dass die Gebeine der beiden Völker damals ohne Erlaubnis exhumiert wurden und über verschiedene Expeditionen und Forschungsreisende ins NHM gelangten. Es handelt sich dabei um 27 Schädel, 20 Schädeldächer sowie 15 lose Unterkiefer und Oberkiefer-Fragmente. An der Herkunftsforschung beteiligt waren Wissenschaftler und Studenten des Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa in Wellington und des Departments für Anthropologie des NHM. Das Te Papa-Museum koordiniert mit Unterstützung der neuseeländischen Regierung Repatriierungen aus der ganzen Welt.
"Skrupellose Sammelpraktiken"
Bei der Zeremonie am Dienstag wurden u.a. heilige Riten der Māori durchgeführt. Im Anschluss wurde das Transferabkommen unterschrieben und ein Geschenke-Austausch durchgeführt. Durch die Repatriierung wolle man sich laut Website des NHM zu "ethischen und moralischen Ungerechtigkeiten durch skrupellose Sammelpraktiken" in der Vergangenheit bekennen. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) bezeichnete die Rückgabe in einer Aussendung am Dienstag als "wichtigen Schritt für die Anerkennung geschehenen Unrechts, welches durch umsichtige Provenienzrecherchen belegt werden konnte".
NHM-Generaldirektorin Katrin Vohland zeigte sich zufrieden, "dass wir zum Heilungsprozess beitragen können". Die Rückgabe der Gebeine stelle auch die menschliche Würde und kulturelle Identität der Maori und Moriori wieder her. Sterbliche Überreste indigener Angehöriger wurden in der Vergangenheit "anthropometrisch untersucht, rassialisiert und nicht selten öffentlich zur Schau gestellt. Dadurch wurden sie ihrer Identität als Vorfahren der lebenden Gesellschaften beraubt" und zu musealen Objekten degradiert, hieß es seitens des NHM. Bereits im Februar hat das Haus an der Wiener Ringstraße menschliche Überreste an Vertreter des US-Bundesstaats Hawaii zurückgegeben.