Ist das schon Kunst oder nur ekelig? Ist das noch Performance oder reine Befriedigung sexueller Gewaltfantasien? Schockt das 2022 noch wen?
US-Aktionskünstler Paul McCarthy (77) und die Berliner Schauspielerin Lilith Stangenberg (34) beschimpfen, begehren, bespucken und besorgen es sich in "NV/Night Vater/Vienna" am Wiener Volkstheater: am Küchentisch, an die Wand gedrückt oder auf den Badezimmerfliesen einer schlichten Filmset-Wohnung.
Der alte Mann mit Hitlerbärtchen und die junge Frau in weißem Negligé saufen flaschenweise Champagner, rauchen Kette, schmieren sich u. a. die Reste eines Veggie-Sandwiches mit viel Mayonnaise und Ketchup ins Gesicht und in diverse Körperöffnungen. Nachdem sie darauf gepinkelt hat. Eine Gurke und ein Gehstock kommen bei der enthemmten Bühnen-Orgie zum Auftakt der Volkstheater-Saison ebenso zum Einsatz.
Ausgangspunkt ist der Film "Der Nachtportier" von Liliana Cavani aus dem Jahr 1974. Darin trifft Lucia (internationaler Karrierestart für Charlotte Rampling) ihren früheren sadomasochistischen Peiniger aus dem KZ, Max (Dirk Bogarde) wieder, der seine SS-Uniform gegen eine als Nachtportier in einem Wiener Hotel getauscht hat. Sie verfallen einander erneut in der Isolation seiner vier Wände. Die Sexualisierung des Nationalsozialismus sorgte einst für einen handfesten Skandal.