Sie geben ein gigantisches Konzert vor mehr als 100.000 Leuten in München. Sich vor der Welt zu verstecken, ist wohl keine Option, oder?
ROBBIE Williams: Ich bin extrem dankbar für dieses Konzert. Ich bin 48 Jahre alt, schon unendlich lange dabei. Ich spiele längst in der Altherrenmannschaft des Pop. Ich bin ohne Zweifel ein Veteran. Aber man hat mich immer noch gern, speziell in Deutschland.

Ihr Freund Elton John beispielsweise ist fast 30 Jahre älter. Denken Sie sich bei Karrieren wie seiner oder jener von Tom Jones: "Mit 75 oder 80 will ich den Job auch noch machen?"
Diese Männer sind meine Idole und meine Helden. Ich finde es fantastisch, dass sie noch auf der Bühne stehen und ihr Bestes geben. Rod Stewart wird sein ganzes Leben lang Rod Stewart sein. Elton ist immer Elton. Und ich werde nie aufhören, Robbie Williams zu sein.

Würden Sie gern aus Ihrer Haut schlüpfen?
Mittlerweile bin ich gern in mir selbst zu Hause. In einer sehr unbeständigen Welt, in der Karrieren kaum noch planbar sind, hatte ich ein fast unverschämtes Glück. Für jemanden mit einem dermaßen fragilen Ego wie mich ist dieser Zustand sehr, sehr wohltuend und beruhigend.

Warum?
Weil ich abhängig bin vom Gefühl, erfolgreich zu sein. Und weil ich in besonders hohem Maße um mich selbst kreise. Gewissheit darüber zu haben, kein Niemand zu sein und auch keiner mehr zu werden, hat für mich einen hohen Stellenwert.

Sie singen in "Eternity", dass die Jugend an die jungen Menschen verschwendet wird. Würden Sie gern noch einmal Anfang 20 sein und am Beginn Ihrer Solokarriere stehen?
Nein, bloß nicht! Ich denke manchmal an diese Phase in meinem Leben zurück, aber nie mit Wehmut oder Sehnsucht. Ich möchte diese Jahre nicht noch einmal erleben müssen.

Sie vermissen echt gar nichts von dem, was der junge Robbie hatte?
Okay, ich hätte gern meinen funktionierenden Rücken von damals. Wenn die Wirbel alle noch in Reih und Glied lägen und die Stoßdämpfer dazwischen noch ordentlich ihren Dienst verrichteten, wäre das sehr schön. Doch von den Bandscheiben abgesehen, kannst du die verdammten 20er echt behalten (lacht).

Wird die Jugend generell überschätzt?
Man kann das Leben als junger Mensch natürlich extrem genießen. Aber für mich persönlich war diese Zeit halt nicht so toll. Ich war viel zu lange ein Gefangener meiner miserablen psychischen Verfassung. Ich muss also ganz sicher nicht zurück in den Knast in meinem eigenen Kopf.

Sie haben vor wenigen Wochen bei einem Auftritt in Saint-Tropez sehr offen über Ihre psychischen Erkrankungen und Süchte gesprochen. Überhaupt hat sich die Gesellschaft in diesen Fragen geöffnet ...
Ich habe immer schon über diese Dinge gesprochen, aber es stimmt, seit einiger Zeit hören mir die Menschen genauer zu. Ich habe mir ewig lang das Hirn zermartert, warum ich so bin, wie ich bin, und was an mir nicht stimmt und warum ich so leiden muss. Und ich erhielt dafür keine Freundlichkeit, kein Wohlwollen, keine Empathie. Ich wurde verurteilt, mit den üblichen Sprüchen wie "Reiß dich einmal zusammen!" oder "Worüber willst denn ausgerechnet du dich beklagen?". Ich denke, heute verstehen die Leute, dass auch reiche, berühmte Menschen unter einer schlechten psychischen Gesundheit leiden können.

Kommen wir auf Ihr Album zu sprechen: "XXV" ist sehr opulent und schön gemacht. Wie war es für Sie, die alten Hits mit dem holländischen Metropole Orkest neu aufzunehmen?
Ich finde, es ist eine nette Idee, mir die alten Lieder mit dem Abstand von Jahren oder Jahrzehnten noch einmal vorzunehmen und ihnen durch die Neubearbeitung etwas mehr Gravität zu geben, etwas mehr Gewicht. Für jemanden wie mich, der permanent im Hamsterrad rennt, immer das nächste Ziel vor Augen hat und nach wie vor was reißen will in der Karriere, ist es gut, einmal zu sehen, dass ich auch früher schon besser war, als ich damals dachte.

Das heißt, Sie mögen Ihre eigenen Songs heute lieber als früher?
Ja, ich betrachte sie mit mehr Liebe. Es ist tough, ein Perfektionist zu sein, der alles als negativ und unzureichend empfindet, was er tut. Daher ist es erleichternd, mich heute diesen Songs widmen und sie bewundern zu können, anstatt sie zu hassen und zu verachten.

Sie sitzen in der Pose der berühmten Statue "Der Denker" des französischen Bildhauers Auguste Rodin auf dem Cover Ihrer CD. Was soll uns das Bild sagen?
Ich würde gern behaupten, es war meine Idee, aber so war es nicht. Tom Hingston, der sehr viele meiner Albumcover designt hat, kam mit der Idee. Als Popstar hast du auf dem Cover deiner Platte zu sein, weil dein Gesicht halt das Zeug verkauft. Ich finde das so ätzend und so langweilig. Ich kenne mein Gesicht ja. Aber diese Idee fand ich interessant und ein bisschen schräg. Ich war da sofort Feuer und Flamme.

Sie hocken da nun splitternackt auf Ihrem Album. Was haben Sie für ein Verhältnis zu Ihrem nackten Körper?
Ich habe kein Problem damit, nackt zu sein. Ich habe nur ein Problem damit, wie ich nackt aussehe. Was du auf dem Cover siehst, ist eine computergenerierte Version der Person, die ein bisschen so aussieht wie ich.