Die Go-Go-Tänzerin im kurzen Kleidchen schwenkt vor dem Spiegel lasziv den Hintern und lässt die blonde Mähne schwingen – und wendet plötzlich den Kopf, um hinter einer giftig grünen Hexenmaske hervor die Betrachterin böse anzustarren: Die Installation „Female Figure“ ist das unheimlichste Objekt einer Personale des New Yorker Künstlers Jordan Wolfson, mit der das Kunsthaus Bregenz (KUB) in dieser Festspielsaison sein 25-Jahr-Jubiläum begeht. Obwohl die 42 Motoren, die ihre Augen, Arme, Hüften bewegen, ständig leise sirren, wirkt die mit Interaktionssensorik ausgestattete Puppe so lebensecht, dass es schwerfällt, sich ihrem Blick zu entziehen. Er wolle mit der Figur „die Spannung... zwischen Verlockung und Abstoßung“ darstellen, sagt Wolfson. Seine Kunst soll in die Magengrube fahren, „Female Figure“ fordert die Auseinandersetzung mit Sex, Voyeurismus, Selbstwahrnehmung, Identitätskonstruktion quasi aus dem Bauch heraus.

In fast allen Objekten der Schau wird das Unbehagen zelebriert. Der Künstler untersucht die zeitgenössische Widerspruchsszenarien im Umgang mit Stereotypen, Rassismus, Krankheit, männlichem Privileg: In „Artists Friends Racists“ verschwimmen Comicfiguren, Künstler, diskriminierende Klischees in rotierenden Hologrammen, in „Wall Objects“ fügt er religiöse Symbole und Ikonen der Popkultur zu beunruhigenden Collagen, im Video „Raspberry Poser“ hüpft ein knallbuntes Virus durch verlassene Straßen, im VR-Film „Real Violence“ wird einem Mann der Kopf eingeschlagen.

Kunst, die körperliche Reaktionen schüren will: Man kann das auch als eine Art Kulmination von 25 Jahren Ausstellungsbetrieb sehen. „Die Kunst muss dorthin führen, wo wir noch nicht sind“, sagt Thomas D. Trummer, seit 2015 Direktor des Hauses. Der gebürtige Steirer zeugte im KUB in den letzten Jahren Personalen etwa von Susan Philipsz, Lawrence Weiner, Bunny Rogers, Jakob Lena Knebl/Ashley Hans Scheirl oder Otobong Nkanga.

Was deren divergierenden Positionen eint: Alle sind zur Auseinandersetzung mit Peter Zumthors wegweisendem Bau eingeladen – und zur Zusammenarbeit mit lokalen Handwerkern. Derlei beschert dem lichtdurchfluteten, wandlungsfähigen Haus in der 30.000-Einwohner-Stadt Bregenz bis zu 60.000 Besuche pro Jahr – und nicht selten vorteilhafte Vergleiche etwa mit dem in Programm und Architektur ungleich sperrigeren Grazer Kunsthaus. Bis Ende des Jahres werden die Feierlichkeiten zum 25-Jahr-Jubiläum fortgesetzt – ab Oktober mit einer Personale der ägyptischen Künstlerin Anna Boghiguian.

Jordan Wolfson. Bis 9. Oktober. www.kunsthaus-bregenz.at