Dramatisch, emotional, expressiv: Das sind gängige Charakterisierungen, wenn Architekturkritiker von der "Grazer Schule der Architektur" sprechen. Dem wohl bekanntesten Protagonisten, Günther Domenig, (1934 - 2012) widmet das Grazer Haus der Architektur zehn Jahre nach dessen Tod ab dem 25. Juni zahlreiche Führungen, Vorträge und Exkursionen - auch nach Kärnten, wo der Architekt unter anderem das "Steinhaus" in Steindorf am Ossiacher See gebaut hat.
An diesem "Steinhaus", seinem persönlichen "Opus magnum", hat Günther Domenig über 20 Jahre geplant und gebaut. In ihm realisierte er - gegen die massiven Proteste der Anrainer - seine Vorstellungen von Architektur als Gesamtkunstwerk. In Wien bereicherte er 2004 mit seinem vielfach preisgekrönten T-Center in Erdberg spektakulär die Büroskyline. Auch das Dokumentationszentrum auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg trägt seine Handschrift. Durch einen eigenwillig positionierten, begehbaren Glaskeil entzauberte er die gigantomanische NS-Architektur.
Studiert, gelebt, gelehrt und sein außergewöhnliches Werk geplant hat der Architekt in Graz, wo auch eine große Zahl seiner ikonischen Bauten realisiert wurde. Zu diesen und über diese hat das Grazer Haus der Architektur (HDA) ein umfangreiches Führungs- und Vortragsprogramm zusammengestellt, das bis in den Oktober hinein läuft. In Kärnten, dem Geburtsland des Architekten, gibt es parallel dazu eine vierteilige Ausstellung im Museum Moderner Kunst Kärnten, im Architektur Haus Kärnten, in Hüttenberg sowie im Domenig Steinhaus. Hier startet auch die steirische "Hommage an Günther Domenig" des HDA am 25. Juni mit einer ganztägigen Bustour von Graz aus.
Auf den Spuren des Verschwundenen
Im Juli stehen erstmals die technoid futuristisch bis dekonstruktivistischen Stahl- und Glas-Architekturen Domenigs - von der Fußgängerbrücke über die Mur bis hin zum Resowi-Zentrum am Gelände der Universität Graz - am Programm einer Halbtagsführung. Durch das riesige Universitätsgebäude macht Architekt Hermann Eisenköck, mit dem Domenig das Hochschulgebäude in den 1990er-Jahren entworfen hatte, am 14. Juli eine Spezialführung.
Am Tag darauf, lädt das Institut für Entwerfen im Bestand und Denkmalpflege der TU Graz, wo Domenig von 1980 bis 2000 im Fach Wohnbau und Entwerfen lehrte, zu einer "Spurensuche" zu altbekannten aber auch den Spuren von verschwundenen Architekturen von Domenig ein. Begleitet wird der kostenlose Rundgang von Zeitzeugen.
Die Wegbegleiter
Als besonderes Highlight der Domenig-Gedenkveranstaltungen in Graz bereitet das HDA gemeinsam mit dem Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften der TU Graz eine Lesung von Texten von und über Domenig vor (17. 7.). Die Veranstaltung findet in dem durch seine plastisch organische Architektursprache bekannt gewordenen Gebäude der Mensa für die Schulschwestern - erbaut 1973 bis 1977 von Domenig und Eilfried Huth - statt. Geladen sind auch hier wieder Wegbegleiter, die über die Zusammenarbeit berichten werden.
Im September wird Architekturjournalist und Ausstellungskurator Matthias Boeckl im HDA über die späte Moderne und den "technoiden Individualismus" der spektakulären Bauskulpturen von Domenig referieren und mit den Weggefährtinnen Hemma Fasch, Ulrike Tischler und Marion Starzacher diskutieren. Eine Exkursion in Graz am 8. Oktober bildet den Abschluss der Grazer Domenig-Hommage.