Mit der Ausstellung "WOW!" im Leopold Museum gaben Sie der Öffentlichkeit erstmals Einblicke in Ihre umfassende Sammlung, nachdem Sie in den Jahrzehnten davor versucht hatten, als Sammlerin nicht in die Öffentlichkeit zu treten. Was war damals ausschlaggebend für die Schau?
HEIDI HORTEN: Nachdem ich über mehrere Jahrzehnte hinweg gesammelt hatte, war ich vor circa fünf Jahren an einem Punkt angelangt, an dem ich das Gefühl hatte, die Kunst, die mich lange Zeit begleitet und glücklich gemacht hat, mit anderen Menschen teilen zu wollen. Ich spürte, dass die Sammlung zu einem besonderen Kompendium angewachsen war. Dass das Besucherinteresse in der Ausstellung im Leopold Museum tatsächlich so groß sein würde, hat mich überrascht, aber umso mehr gefreut.
War die Ausstellung tatsächlich die Initialzündung für das nun eröffnende Museum, oder hatten Sie diese Pläne schon länger?
Ich verstehe Kunst mittlerweile als Mittel zur Kommunikation und Kontemplation. Als ich in der Ausstellung gesehen habe, welche Emotionen meine Bilder bei ganz fremden Menschen auslösen, ist mir zum ersten Mal klar geworden, wie kommunikativ Kunst sein kann. Das hat mich sehr berührt. So ist mein Wunsch gereift, meine Sammlung auch für künftige Generationen erhalten zu wollen, und es kam zur Entscheidung, ein eigenes Museum zu gründen.
Wie verlief die Suche nach dem richtigen Ort? Sie sind ja nun in unmittelbarer Nähe zur Albertina. Ist das mehr Konkurrenz oder ergänzen die Häuser einander?
Das Museum sollte in meiner Heimatstadt Wien sein, zentral gelegen - und so wurde ich mit dem Stöcklgebäude im Hanuschhof fündig - in bester Lage! Ich sehe das Museum als Bereicherung der Kunstmeile, die sich von der Hofburg zur Albertina, zum Kunsthistorischen Museum bis zum Museumsquartier zieht.
Sie sind eine Sammlerin, die mit vielen Werken in den privaten Räumlichkeiten zusammenlebt. War es schwierig, die Werke aus der Hand zu geben, um sie im Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen?
Ich habe ja bereits während der Ausstellung im Leopold Museum erlebt, wie es sich anfühlt, sich für ein halbes Jahr von meinen Kunstwerken zu trennen. Der Schritt war nicht einfach, allerdings wird es im Museum ja Wechselausstellungen geben, die Sammlung wird also nicht dauerhaft in ihrer Gesamtheit gezeigt. Es werden Sonderausstellungen zu Themen erarbeitet, die sich aus der Sammlung speisen. So bleiben viele meiner Lieblingswerke in meinem Umfeld.
Wie stark haben Sie sich in die Auswahl der Werke, die nun zu sehen sind, eingebracht?
Bei der Eröffnungsausstellung steht die Architektur des Hauses im Fokus, die Menschen sollen die Möglichkeit haben, dieses neue Museum zu ergehen, zu erleben. Viele der Kunstwerke, die gezeigt werden, sind Ankäufe, die ich in den letzten Jahren schon mit Blick auf die Museumsgründung gemacht habe. Sie stehen ein Stück weit dafür, dass sich die Sammlung weiterentwickelt, und dass auch eine jüngere Generation an Künstlerinnen und Künstlern aufgenommen wird. Zu zeigen, dass ich mit der Sammlung einen neuen Weg einschlage, war mir ein Anliegen. Bei der Zusammenstellung vertraue ich ganz auf meine Erfahrung, mein Gespür und auf die Professionalität von Agnes Husslein und ihrem Team.
Im Museum soll auch Ihre Person und Ihre Rolle als Sammlerin einen Platz bekommen - der so genannte "Tea Room". Wessen Idee war das, und wie stehen Sie dazu?
Es war mir von Anfang an ein Anliegen, den Menschen einen Ort zur Verfügung zu stellen, wo sie sich während des Museumsbesuchs erholen und stärken können. Der Tea Room ist aus der Tradition eines Salons heraus entstanden, wie er auch in den benachbarten Institutionen zu finden ist, in der Albertina oder der Staatsoper. Er soll als Rückzugsort dienen und zum Verweilen einladen. Außerdem schafft er eine gewisse Privatheit innerhalb des Museums, und das passt ja sehr gut zu einer Sammlung, die ansonsten bei mir zuhause hängt.
In diesem "Tea Room" soll man in Ihren Kosmos eintauchen. Wenn Sie diesen Kosmos kurz beschreiben würden - wie sieht er aus?
Es wird eine Mischung aus Wunderkammer und Boudoir, wo das Intime auf das Demonstrative trifft, wie schon Markus Schinwald sagt, der neben Hans Kupelwieser mit der künstlerischen Gestaltung des Raums beauftragt wurde. Schinwald hat für den Raum neben Sitzgelegenheiten auch eine textile Wandgestaltung und spezielle Vitrinen entworfen. An der Decke befindet sich ein massives Relief von Hans Kupelwieser, das an barocke Formen erinnert.
Die erste Themenausstellung ist Frauenbildnissen und "Aspekten der Weiblichkeit" gewidmet und zeigt auch Haute-Couture-Stücke aus Ihrem Kleiderschrank. Wie kam es zu diesem - sehr persönlichen - Ansatz für die Eröffnungsausstellung?
Mode war für mich immer eine wichtige Ausdrucksmöglichkeit. In den letzten Jahren habe ich mich wieder stärker mit meinem Archiv aus Fotografien befasst und teilweise wahre Schätze zutage befördert. Diese Fotos aus den 1960er- und 1970er-Jahren haben mir vor Augen geführt, welche Bedeutung die Mode in meinem Leben hatte. Ich habe mich mit meinem Team dann bemüht, einige meiner Couture-Kleider aus der "Versenkung" zu holen. Ich hätte nicht gedacht, dass sich daraus der Ausgangspunkt für eine Ausstellung entwickeln würde. Ich freue mich schon darauf, meine Mode im Dialog mit Highlights meiner Kunstsammlung zu sehen!
In einem Fernsehinterview haben Sie auch Einblicke in Ihr eigenes Kunstschaffen gegeben. Wird es in der Ausstellung zu sehen sein? Wenn ja, warum haben Sie sich dazu entschieden?
Es gibt Pläne, dass zukünftig auch einige meiner eigenen Werke im Museum ausgestellt werden, so sie thematisch in die Ausstellung passen. Damit gebe ich etwas sehr Persönliches von mir preis.
In den vergangenen Jahren wurde Ihr Name auch immer wieder in Verbindung mit der Rolle Ihres verstorbenen Mannes in der Nazi-Zeit erwähnt, schließlich gaben Sie ein Privatgutachten in Auftrag, das zu dem Schluss kam: Er sei zwar Nutznießer gewesen, als er Kaufhäuser von jüdischen Besitzern übernahm, habe die "Arisierung" aber nicht vorangetrieben. Auch an dem Gutachten gab es Kritik. Wie gehen Sie damit um?
Die wissenschaftliche Ausarbeitung der unternehmerischen Tätigkeit meines Mannes während des 2. Weltkrieges war sowohl mir als auch der Helmut Horten Stiftung ein Anliegen. Ich habe daher den renommierten Historiker Herrn Prof. Dr. Peter Hoeres (Universität Würzburg) mit einem wissenschaftlichen Gutachten über den Vermögens- und Geschäftsaufbau von Helmut Horten im Kontext der "Arisierung" in der Zeit des "Dritten Reiches" beauftragt. Die wissenschaftliche Aufarbeitung durch Herrn Prof. Dr. Hoeres erfolgte nach dem Primat der Wissenschaft. Die Ergebnisse zeigen ein differenziertes Bild des Unternehmers Helmut Horten und korrigieren einige Gerüchte.
Auch im Zuge von Parteispenden fiel Ihr Name, dem U-Ausschuss blieben Sie fern. Gibt es etwas, das Sie zur Causa an dieser Stelle festhalten möchten?
Dazu habe ich bereits Stellung genommen.
Zurück zum Museum: Verraten Sie, welche Ausstellungsschwerpunkte Ihnen für die Zukunft wichtig sind und was das Publikum künftig erwarten wird?
Das Museum soll einerseits zeigen, was die Einzigartigkeit meiner Sammlung ausmacht, es soll aber auch durch die letzten Neuankäufe mein Interesse an den Arbeiten junger Künstler sichtbar werden, und eine Plattform für den Austausch der Kunstszene in Wien bieten. Neben Themenausstellungen kann ich mir gut vorstellen, dass es vielleicht in naher Zukunft größere Projekte mit lebenden Künstlerinnen und Künstlern geben wird.
Sammeln Sie stetig weiter, oder ist die Sammlung nun abgeschlossen?
Meine Freude am Sammeln ist weiterhin ungetrübt, und es geht bei den Neuankäufen einerseits um eine Vertiefung der bestehenden Schwerpunkte, andererseits, wie beschrieben, um eine Erweiterung durch Positionen einer jüngeren Generation.
Welches Bild haben Sie zuletzt erworben?
Einen wunderbaren Goblin von Ulrike Müller, den Sie in der ersten Ausstellung bewundern können.
Abschließend zwei Zahlen: Wie hoch waren die Investitionskosten? Und wie viele Besucher erwarten Sie in Ihrem Museum?
Das Museum ist gänzlich privat finanziert, daher bitte ich um Verständnis, zu den Kosten keine Auskunft zu geben. Ich hoffe natürlich, dass möglichst viele Menschen das Museum besuchen und sich ein Bild davon machen!
Sonja Harter